Bernhard Hildebrand-Romberg an Louis Spohr in Kassel

Hamburg, den 16^ten März 1855.
7. Rathhausstrasse

Hochgeehrter Herr Kapellmeister,

Mit der Rückkehr meines Freundes Schmidt¹ habe ich wieder so viel von Ihnen und von der großen Freundlichkeit, die Sie ihm erzeigten, gehört, daß ich unendlich bedauere, diese Reise nicht mit ihm gemacht haben zu können.
Wie ich aus den Nachrichten höre, die meine Mutter direct von Frau Kapellmeister erhalten hat, werden Sie in nächster Zeit auf ein paar Tage nach Hannover gehen, um einige von Ihren Compositionen zu dirigiren, und so wäre mir ja dann vielleicht die Gelegenheit geboten, Sie zu sehen. Es drängt mich so sehr, wieder einige Zeit mit Ihnen zuzubringen, lieber Herr Kapellmeister, es ist das ein geistiger Genuß, der unser einem freilich nur selten beschieden wird, der aber auf lange eine belebende Wirkung und Anregung zu erneutem Fleiße ausübt, daß ich wohl hoffen darf, Sie werden die Güte haben, mir vorher den Zeitpunkt Ihrer Ankunft in Hannover mitzutheilen, da ich keinen Tag versäumen möchte, an dem ich Sie hätte sehen können.
Einen anderen, größeren Wunsch, unter Ihrer Leitung mich in Hannover öffentlich hören zu lassen, sei es in einem Solo oder Ensemble, (wie vielleicht das Quartett-Conzert,) wage ich kaum, Ihnen auszusprechen, überzeugt wie ich bin, daß, wenn es in Ihrer Macht steht, und Ihrem Ermessen passend scheint, Sie auch ohne meine specielle Erinnerung meiner freundlich gedenken werden. – Sollte Ihre Reise nach Hannover dennoch nicht zur Ausführung kommen, so würde ich das freilich unendlich bedauern, dann bliebe uns aber wohl die Gewißheit, Sie im Sommer hier zu begrüßen.
Mit der Bitte, mich der Frau Kapellmeister empfehlen zu wollen, sowie mit herzlichen Grüßen meiner Mutter, verbleibe ich
Ew. Hochwohlgeboren

stets dankbar ergebener
Bernard Hildebrand-Romberg.