Carl Mylius an Louis Spohr in Kassel

Hochgeehrter Freund

Da Sie die Güte hatten mir am 1 Febr zu schreiben daß es beschlossen sei daß Sie Ihre Ferienzeit zu einer Reise nach England verwenden, mich aber auf Ihrer Rückkehr über hier mit Ihrem Besuche einen Abend erfreuen wollen, so wollte ich Sie freundlichst gebeten haben mich in Zeiten benachrichtigen zu wollen, ob Sie von Cassel oder von London aus an welchem Tage Sie hier einzutreffen und¹ wie lange Sie hier zu verweilen gedenken?
Es wäre mir solches zeitig zu wissen sehr lieb theils damit ich nöthiges für ein Quartett einrichten, theils mich damit auf den Fall etwaiger Abwesenheiten meine Vorkehrungen treffen kann und nicht in den unangenehmen Fall gelänge zur Zeit Ihrer Ankunft in Frankfurt nicht hier zu seyn! –
Sie werden übrigens wie ich aus den Englischen Zeitungen ersehe, in London mit Sehnsucht erwartet und glaube ich daß Ihrer Jessonda um so mehr der ihr gebührende Success gesichert ist als der Mr Gye dieses Jahr das Monopol² hat u das Queen’s Theatre geschlossen bleibt.
Mit Empfehlungen nach London ist Ihnen wohl nicht gedient, sonst würde ich mit Vergnügen damit zu versehen so frei seyn.
Da uns eine Reihe Gastrollen von Seiten der berühmten Johanna Wagner bevorstehen u ich mich freuen würde die persönliche Bekanntschaft dieser, wie Sie es mir sagten, ausgezeichneten Künstlerin zu machen, so haben Sie verehrter Freund, vielleicht Anlaß ihr oder ihrem Vater einige Introductions Zeilen an mich zukommen zu lassen [wofür Ihnen besonderen Dank wissen werde]³! Sollten Sie in den Fall kommen auch andere verdienstvolle Künstler mit Schreiben nach Ffurt versehen zu wollen, so stehe gerne zu Diensten.
Ihrer verehrten Gemahlin und Ihren mich in aufrichtiger Achtung empfohlen haltend,

Carl Mylius

Frankfurt
Maynzer Chausée
den 19 April 1853.