Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Druck: Axel Beer, Musik zwischen Komponist, Verlag und Publikum. Die Rahmenbedingungen des Musikschaffens in Deutschland im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts, Tutzing 2000, S. 306 und 326 (teilweise)

Sr. Wohlgeb.
Herrn Louis Spohr
Hof Kapellmeister
Cassel

Frey
empfehlen


Leipzig 13. May 1825

Werthester Freund

Der Mess Spectakel ist nun so ziemlich besetigt und nun säume ich auch nicht, alles was mir bis jetzt noch auf dem Herzen lag vollends aufzuräumen folglich auch meine Schuld von Rth. 600 – Ihnen zu berichtigen.
Sie empfangen zu diesem Zwecke hierbei einen Wechsel von fl. 920 – auf Herrn de Neufville in Frankfurt, theu                                        Rth. 511.2.
und eine Anweisung auf Loeber in Cassel ''    92 -
                                                                _____________
                                                                Rth. 603.2.
es sind dies Rth. 3. – mehr, allein da Sie beim dortigen Verkauf des Frankfurter Wechsels einige Unkosten haben, so können Sie solche von diesem Surplus bestreiten, den Wechsel wird Ihnen übrigens jeder gern abkaufen, indem er ganz gut ist.
Ich bitte nochmals um Entschuldigung daß ich diesmal so saumselig im Bezahlen gewesen bin, ich habe es aber nicht erzwingen können, meine Krankheit und der seit einem Jahre wirklich schlechte Geschäftsgang haben mich diesen Winter derb mitgenommen und so wenig ich auch Geld geize, so bin ich doch bisweilen ziemlich verstimmt, wenn ich dran denke daß ich verfloßenen Jahre wieder mehrere tausend Thaler neue Schulden gemacht habe, statt daß nun die Zeit kommen sollte wo ich dran denken könnte, etwas zurückzulegen, ich glaube diese Zeit kommt bei mir nimmermehr, indeß vor der Hand bin ich froh wenn ich nur erst wieder ganz gesund bin und werde schon sorgen, daß Sie künftig nicht wieder so lange auf Zahlung zu warten brauchen.
Wie kömmt es daß Sie mir den Klavierauszug vom Berggeist nicht schicken? ich bitte recht sehr ja nicht länger damit zu zögern und mir wenigstens zu senden was fertig ist, denn sonst werde ich damit nicht zur rechten Zeit fertig und wird er vor Michaelis nicht fertig, so bringt er mir gar zu viel Nachtheil.
Sie haben doch den Klavierauszug recht geprüft? denn Sie glauben nicht wie unzufrieden man im allgemeinen mit dem Arrangement der Jessonda ist; Ihren H. Bruder möchte ich solches nicht fragen Ihnen aber darf ich es nicht verschweigen; ich kann Ihnen Sachverständige zuführen die mich gebeten haben den Berggeist nicht von Ihrem H.Bruder arrangiren zu lassen, indem derselbe kein Clavierspieler sey pp. ich armer Verleger komme dabei wie gewöhnlich in die Klemme, Ihnen will ichs recht machen und dem Publiko kann ichs nicht recht machen.
Ich selbst kann nicht entscheiden und hätten sich nur einige beklagt, so würde ich es nicht glauben, da aber alle einstimmig sind so muß es wohl wahr sein, auch scheint es das als Quintett arrangirte Doppelquartett etwas zu bestätigen, zwar habe ich nichts darüber gehört, es will aber gar nicht abgehen, indeß vielleicht kommt es noch.
Es ist ein wahres Unglück, daß kein Mensch dem Künstler selbst etwas sagen will, dieser wird immer gelobt und wenn etwas von ihm nicht gefällt, so packt man es dem Verleger auf, der muß immer die Katze sein mit deren Pfote man die Kohlen aus dem Feuer holen will, denn bei mir wird auf die größten und kleinern Künstler los gegangen und wenn ich helfen will, so fahren mir wieder die Künstler auf den Peltz; nächstens werde ich in einer Ausspielung ein Rittergut gewinnen, da setze ich mich drauf und gebe den Musikhandel auf.
Die 3 Sonaten von Hauptmann will ich drucken, wenn er mir solche vorher zur Ansicht senden will, es klingt sonderbar, daß ich erst will was Sie mir als ausgezeichnet empfehlen, aber Sie sind ein viel zu guter Mensch als daß ich mich auf Sie allein verlassen könnte.
Daß Hauptmanns bei mir erschienene Viol. Duetten zu edel für das Publikum sind, kann sein, ganz gewiß aber ist es, daß sie unter meine aller ungangbarsten Verlagswerke gehören. Ich will in Leipzig nur als Musikus unsern Mathaei, als Dillettant den jungen Küstner und einige ihm gleiche anführen, wenn diese mir jene Duetten zurückbringen weil sie solche nicht wohl erarbeiten können, wer soll solche dann kaufen und was hilft mir dem Verleger das zu edle?
Lieber Spohr, ich will ein Werk gern theuer honoriren wenn es nur geht und wenn ich dabei auch nicht viel gewinne, so habe ich doch den Genuß eines lebhaften Gefühls, denn geht mein Geschäft schläfrig, so bin ich krank. Uebrigens muß ich auch nun anfangen mehr wie zeither1 auf Gewinn als auf Ehre zu trachten, mein Nachbar Hoffmeister geht den halben Tag spatziren und er und andre Verleger machen lange Vergnügungsreisen, während ich den ganzen Tag büffle und an der Ehre mich labe und für Geld sorge, es muß also schlechterdings an meinen Verlagsunternehmungen liegen, denn mit mehr Thätigkeit und Ausbreitung kann keiner sein Geschäft betreiben als ich, indem ich ja Musikalien bis zu den Menschenfressern schicke.
Wenn Sie glauben daß ich meine neuen Werke nicht gehörig ausposaune, so irren Sie sehr, ich lasse solche in die Zeitungen setzen, setze aber darauf nicht viel Werth, denn welcher Mensch hat genug Zeit übrig um die Unzahl von Ankündigungen zu lesen und dann kann man in den Zeitungen doch auch nicht bei jedem Werke eine Rezension beifügen, dafür geschieht letzteres aber in meinen Briefen an meine Commisionairs. Hätte ich 4 Hände, so könnte allerdings bisweilen etwas mehr geschehen, ich vermag aber nichts mehr zu thun.
Ich soll für das Theater in London die Textbücher des Faust, Jessonda u. Berggeist liefern, haben Sie also die Güte, mir bald eine Abschrift derselben zukommen zu lassen u. Kosten mir zu berechnen.
Erfreuen Sie mich recht bald mit einigen Zeilen damit ich weiß daß dieser Brief Ihnen zugekommen ist und senden Sie mir sobald wie möglich den Berggeist.
Leben Sie recht wohl und grüßen Sie alle lieben Ihrigen von

Ihrem wahren Freund
C.F. Peters

Nehmen Sie vorlieb mit meiner Schreiberey, ich muß jetzt arbeiten als wenn ich gehetzt würde.



Dieser Brief ist die Antwort auf Spohr an Peters, 15.04.1825. Der nächste Brief dieser Korrespondenz ist Peters an Spohr, 14.05.1825.

[1] Alte Form für „seither“ (vgl. Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm, Bd. 31, Sp. 581, online).

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (27.02.2017).