Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287[Schade, J.G.:03

Herr Hofcapellmeister
Spohr


Gotha am 18 Dez.
1822

Mein theuerster Freund.

Es hat mir eine wahre herzliche Freude gemacht, daß die Aufführungen ihres herlichen Faust so außerordentlich gelungen sind1; Eine sich hier umtreibende(?) Sage, daß einige Operisten Ihnen Verdruß gemacht und dadurch die frühre angekündigte Aufführung verzögert hätten, machte mir viel Kummer von welchem mich Minchen2 durch Aufklärung der ganzen Sache befreyte.3 Möchte ich doch so glücklich seyn dieses Meisterwerk hören zu können!
Sie wünschen zu wißen wie es(?) mit Herrn Moliques Annahme hier stehe? Der Herr Graf von Salisch läßet Sie freundlich herzlich und brüderlich4 grüßen und läßet Ihnen wißen, daß er so wenig eine Antwort auf seine höfliche Einladung, daß H. M. zum Geburtsfeste des Herzogs gegen eine Entschädigung von 200 fl. herkommen möge, erhalten habe, als Sie auf ihren Brief.5 Um so sehnlicher sieht er einer anderen Empfehlung von Ihnen entgegen, welche ich so bald als möglich einzusenden bitte da die Anstellung eines Direktors mit jedem Conzerte nöthiger wird, der Hof diese Nothwendigkeit einsieht, und die Sache so gleich nach Eingang ihres Vorschlags vorgenommen werden soll. Einstweilen wird der Betrag der ledigen Besoldungen für das Orchester und Beleuchtung des Steinmühlen Theaters verwendet, wo Freund Bärwolf, der sie Alle herzlich grüßet, an der Spitze steht. Frl. Queck hat lezthier als Oberon, zwar nicht bezaubert aber doch nicht übel gesungen. Sonntag und Montag wird der Freyschütz gegeben, ich werde, aus Furcht für die siebente Teufelskunstkugel nicht hinaus gehen.
Sie wünschten ein Verzeichnis meiner Musikalien, welche zu größren Aufführungen brauchbar sind, zu habn, hier folgt es: Gern möchte ich Mozarts Requiem in gute Versorgung bringen, da die Schreiberey eine calligrafische Seltenheit ist. Haben Sie die Güte Minchen, welche einige Auslagen für mich gemacht hat, 5 Gulden auszahlen und mir in Rechnung bringen. Gott erhalte Sie, theurer Freund!

Schade



Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Spohr an Schade.
Diesem Brief lag ein weiterer Brief Schades vom gleichen Tag an Dorette Spohr bei. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schade an Spohr, 14.02.1823.

[1] Vgl. Spohr an Carl Friedrich Peters, 26.12.1822.

[2] Wilhelmine Scheidler, Schwägerin von Spohr.

[3] Die Premiere musste zwei Mal wegen Erkrankung einer Sängerin verschoben werden (vgl. Spohr an Peters, 22.11.1822).

[4] Carl Heinrich von Salisch und Spohr gehörten in Gotha der gleichen Freimaurerloge an (vgl. Spohr an Salisch, 06.01.1808, 07.11.1809 und 08.12.1809; Philippe A. Autexier, La lyre maçonne. Mozart, Haydn, Spohr, Liszt, Paris 1997, S. 197ff., ders., Lyra Latomorum. Das erste deutsche Freimaurerliederbuch. Masonica über Haydn Mozart Spohr Liszt, pdf-Dokument nach dem Typoskript im Deutschen Freimaurermuseum Bayreuth, o.J., S. 267).

[5] Dieser Brief ist derzeit verschollen.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (13.02.2018).