Autograf: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig (D-LEsta), Sign. 21070 C.F. Peters, Leipzig, Nr. 850, Bl. 125f.

Cassel am 22sten Nov.
1822.1

Geliebter Freund,

Für die überschickten Exemplare des Clavierauszug's von Faust sage ich Ihnen meinen besten Dank. Es ist eine schöne Ausgabe, zwar nicht ohne Stichfehler, doch nur mit solchen, die ein jeder geübte Musiker leicht verbessern kann. Der Clavierauszug hat uns bey dem Einüben der Oper großen Nutzen gewährt; mit der Oper selbst haben wir aber närrische Fata(?) gehabt. Beynah seit 3 Wochen ist sie eingeübt und hat noch nicht gegeben werden können. Am 10ten dieses war sie zum erstenmal bey aufgehobenen Abonnement angesezt eine Menge von Fremden war dazu herübergekommen. Plötzlich wurde eine Sängerin krank und die Oper mußte verschoben werden. Am 17ten wied[er]holte sich ganz dieselbe Comödie, nur war es noch bey weitem schlimmer, indem außerordendtlich viel Fremde hier waren, halb Göttingen z. B. und indem erst Abends, eine Stunde vor der Vorstellung, wie scho[n] lange kein Billet mehr zu haben war diese abermals durch eine plözliche Krankheit gestört wurde und wir nun auch nicht einmal eine andere Vorstellung so schnell zu Stan[de] bringen konnten. Der Hof und die Stadt waren in Aufruhr weil sie mit dem Abend nichts zu machen wu[ßten.] Nun wird übermorgen, wenn Gott will, die erste Aufführung stattfinden.
Nach meinen Quartetten sehne ich mich sehr; auch Speyer quält mich in jedem Briefe darum.2 Schicken Sie sie mir doch allso so gleich sie fertig sind.
Da Sie wieder Manuscripte zu haben wünschen, so schicke ich Ihnen vor der Hand die Variationen über Irrländische Lieder.3 Das Concert soll bald nachkommen. Ich werde erst ein neues Adagio dazu machen weil mir das alte nicht gefällt. Das Soloquartett hätte ich gleich mitschicken können; da Sie mir aber schreiben daß es das lezte seyn soll, so behalte ich es noch zurück. Außer diesen Sachen mögte ich auch noch die Ouverture aus dem Faust für Orchester gestochen haben, und im Fall Sie sie verlegen wollen, setz[e] ich das Honorar für alle 4 Kompositionen auf 400 Rth. Sollten Sie ab[er] zu der Ouverture keine Lust haben, so gehen 50 Rth. davon ab. –
Von meiner neuen Oper4 habe ich 2 A[c]te beendigt und am lezten arbeite ich eben. Im Frühjahr, wahrscheinlich am Geburtstage des Kurfürsten wir[d] sie zum ersten mal gegeben werden[.] Dann werde ich auch Sorge tragen für ihre schnelle und allgemeine Verbreitung auf andern Theatern. Nach Beendigung der Oper werde ich wieder I[n]strumentalsachen schreiben.
Von uns allen die herzlichsten Grüße an Ihre liebe Frau. Mit u[n]verminderter Freundschaft stets der Ihrige

Louis Spohr

NS. Ob der Titel für den Potpourri correct sey, bitte ich einen Sprachkundigen beurtheilen zu lassen.



Dieser Brief ist die Antwort auf Peters an Spohr, 10.10.1822. Der nächste Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Peters, 04.12.1822.

[1] Auf dieser Seite des Briefes befinden sich von anderer Hand noch der Eingangsvermerk des Verlags: „1822 / 22 Nov. /Cassel / Spohr“.

[2] Vgl. Wilhelm Speyer an Spohr, 13.04., 20.07. und 20.10.1822.

[3]Op. 59.

[4] Jessonda.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (15.12.2016).