Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

151. Great Portland Street
London. W.
den 5ten August/59.

Hochgeehrter Herr Dr Spohr,

durch Miß Horsley habe ich soeben Ihren sehr erfreulichen Brief vom 22ten Oct. 1858 erhalten, und sehe daraus daß ich zwar noch manches zu bedauern habe, indem Sie mir noch damals Ihren sehr werthen Rath mittheilten, und stets Ihre gütige Unterstützung schenkten. – Von Hn Wehner, in Hannover hatte ich schon einen Beweis der Interessen die Sie meinetwegen nahmen, und ich kann1 Sie versichern daß ich dadurch sehr viel Genuß hatte, während unsern Aufenthalt in Hannover, denn Herr und Frau Wehner, waren für uns große Tröster, weil ich wegen verschiedene Hinderniße nicht leicht zum Spiel kommen konnte, und ihr Beistand und Güte uns sehr willkommen waren.
In Dresden war ich in so fern zufrieden, daß ich im „Künstlerverein“ spielte; ein kleines Concert mit Madame Oxford gab, (ohne Verlüßte2;) und in mehreren Privatgesellschaften spielte. Die Gegend fanden wir reizend, und, (hätte Madame Oxford es erlaubt,) so hätten wir fast alle3 berühmten Merkwürdigkeiten der Stadt gesehen.4
Die traurige Nachricht, daß mein Bruder (William,) plötzlich gestorben war5; und mußte6 Hn Grafen v. Platen gleich sagen, daß ich unmöglich im Theater erscheinen konnte. Er war so gütig, mich nicht allein durch eine kürze7 Notiz8 im Tageblatte zu entschuldigen sondern hat mir auch mein Honorar von Sr Majestät dem Könige besorgt, indem ich sogleich nach England zurück reisen wollte.
Ich hätte Sie früher geschrieben, allein der unerwartete Tod meines Bruders veranlaßte daß ich jetzt den ganzen Winter aufgegeben mußte, um neue Arrangements für meine Schwester und der Familie zu machen.9
– Wie die Saison angieng, mußte ich auch ausziehen und diese Verhältniße haben mir nur Zeit erlaubt, (und kaum zu meinen Engagements in London, p.p. auszuführen10.
Ich habe noch den größten Wunsch wieder diesen Herbst in Deutschland zuzubringen, aber dieses mal allein, oder wenigstens nur mit meiner Frau und Familie. – Deßhalb habe ich durch Hn Joachim (der in Hinsicht des Engagements in Bremen11 sehr gütig war,) nach Leipzig geschrieben. – Sollte ich ein bestimmtes Engagement dort bekommen so werde ich Ihnen wieder schreiben. – Indeß nur verbleibe ich mit herzlichen Grüßen von mir und12 meiner Frau an Sie, Madam Spohr und Ihre F. Schwester, Ihr ganz ergebener Freund, und Diener Henry Blagrove.

Autor(en): Blagrove, Henry
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Blagrove, Ethelreda
Blagrove, William
Georg V. Hannover, König
Horsley, Sophie
Joachim, Joseph
Oxford, Amalie
Platen, Julius von
Wehner, Arnold
Wehner, Pauline
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Bremen
Dresden
Hannover
London
Erwähnte Institutionen: Gewandhaus <Leipzig>
Tonkünstlerverein <Dresden>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1859080540

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf den derzeit verschollenen Brief Spohr an Blagrove, 22.10.1858.

[1] Hier ein Wort gestrichen.

[2] Sic!

[3] Hier ein Wort gestrichen.

[4] Zum Dresden-Aufenthalt vgl. Paolo, „Aus Dresden“, in: Neue Zeitschrift für Musik 49 (1858), S. 201 und 215, hier S. 215; „In Dresden“, in: Signale für die musikalische Welt 16 (1858), S. 410.

[5] William Blagrove starb am 01.11.1858 (vgl. „Mr. William Blagrove“, in: Illustrated London News 33 (1858), S. 429).

[6] Hier ein Wort gestrichen („bei(???)“).

[7] Sic!

[8] Noch nicht ermittelt.

[9] Hier zwei oder drei Buchstaben gestrichen.

[10] „auszuführen“ über gestrichenem „zu [???]“ eingefügt.

[11] Zum Bremen-Aufenthalt vgl. „Das erste ,Privatconcert’ in Bremen“, in: Signale für die musikalische Welt 16 (1858), S. 440; „Reisen, Concerte, Engagements“, in: Neue Zeitschrift für Musik 49 (1858), S. 217f., hier S. 218.

[12] „mir und“ über der Zeile eingefügt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (17.02.2022).