Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Mein hochverehrter Meister!

In Erwiederung des freundlichen Briefes Ihrer Frau Gemahlin erlaube ich mir Ihnen mitzutheilen, daß Seine Hoheit der Herzog sehr wünscht, das besprochene Concert am Dienstag den 12ten April stattfinden zu lassen, im Fall dieser Tag Ihnen conveniren sollte. Wir hätten gern das Concert den 5ten April veranstaltet, wenn dies nicht der Begräbnistag der ersten Gemahlin des Erbprinzen gewesen1 wäre. – Daß sich sowohl der Hof sowie sämmtliche Musikfreunde Meiningens und der Umgegend auf Ihren Besuch unendlich freuen, habe ich wohl kaum nöthig hinzuzufügen. – Das Programm wäre – natürlich erst mit Ihrer Zustimmung – folgendes: „Weihe der Töne“. 2) Duett der Jessonda & Amazili im 2ten Acte. 3) 2te Concertante für 2 Violinen. 4) Duett „Schönes Mädchen“. 5) Ouverture zu dem „Berggeist,“ da wir die zum „Alchymisten“ nicht besitzen. Sollten Sie aber die Ouverture zu „Faust“ oder „Jessonda“ vorziehen, so bitte ich dies mir nur gefälligst mittheilen zu wollen. Ich glaube zwar, daß die Wahl der Berggeist-Ouverture in Beziehung auf den hiesigen Hof – Vermählungsfeier in Cassel – interessanter wäre. Der 2te Theil des Concertes würde aus dem Finale zu „Loreley“ bestehen. – Zunächst erlaube ich mir nun die Frage, ob es Ihnen nicht unangenehm wäre, wenn wir die letzte Probe zum 1ten Theil des Concertes am Tage desselben halten würden; sonst müßten wir dieselbe Montag Mittag (den 11ten April) 2 Uhr ansetzen, da Abends Theater ist. – Unendlich leid hat es mir gethan, daß Schöler seiner Krankheit erlag. Ich hoffte immer dadurch, daß sich diese so lange hinzog, er würde wieder genesen. –
Sehr würde es mich, wenn auch Frau v. Malsburg, der ich mich zu empfehlen bitte, mitkommen würde. Wahrscheinlich werden wir noch mehr Besuch von Cassel bekommen. –
Mit der Bitte mich durch einige Zeilen zu benachrichtigen, ob Sie mit den verschiedenen Puncten einverstanden sind, ersuche ich Sie noch mich Ihrer Frau Gemahlin empfehlen zu wollen, und verbleibe wie immer

Ihr
dankbarer Schüler & Verehrer
Jean Joseph Bott.

Meiningen, den 18/3 59.



Dieser Brief ist die Antwort auf den derzeit verschollenen Brief Marianne Spohr an Bott, 14.03.1859. Louis Spohr beantwortete diesen Brief am 03.04.1859.

[1] „gewesen“ über der Zeile eingefügt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (25.02.2022).