Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Mein hochverehrtester Herr!
und
Meister!

Meinen herzinniglichsten Dank hätte ich Ihnen schon zeitiger gebracht für Ihren so liebevollen Brief an H. Kapellmeister Liszt1, wenn ich nicht beabsichtigte Ihnen ein Resultat über den Erfolg desselben mitzutheilen indem er sich doch außer Ihren mir so ehrenvoll gegebenen Zeugniss über mein geringes Violinspiel, um meine Entlassung aus hiesiger Kapelle handelte über dessen Beschluß vom Ministerium ich nun soeben erst Bescheid erhalten.
Der Herr General-Intendant hat mich ersucht, meine gegenwärtige Stellung hier nicht zu verlassen mit der schriftlichen Versicherung dieselbe in nächster Sesson wesentlich zu verbessern.
Erlauben Sie mir mein hochverehrter Meister! Ihnen meine abermalige Dankbarkeit über den Erhalt Ihrer hochgeschäten Zeilen mit welchen mich der Kapellmeister Liszt vertraut machte, sagen zu dürfen und sie zu versichern, daß ich darüber, recht glücklich bin. Da Herr Dr. Liszt wirklich stoltz! darauf war von seinem alten guten2 Meister, (er sagte mir, stellte die Frage vielmehr an mich: „wie geht es meinem alten guten Meister?”) einen Brief zu erhalten, so wollen Sie in Liebe! gütigst entschuldigen, daß, nachdem der für mich so ehrenvolle Brief große Freude brachte, H. Liszt, unsern Intendanten denselben überreichen lis, und letzterer, Herr Concertmeister Singer sehr damit überraschte. Diese Handlungsweise seitens H. Liszt in Bezug auf Ihre so große Liebe und Güte das erwünschten Briefes gegen mich, ist nur eine rühmliche Auszeichnunge welche derselbe den General-Intendanten gegenüber3 zur Geltung bringen wollte.
Indem ich schließlich meinen tiefgefühltesten Dank meinem Erhabenen! und liebevollen Meister, für Alles das Gute, was meine Stellung hier für künftige Zeiten ersprießliches und wünschenswerthe vortheilhafte bringen möge von ganzem herzen darbringe, wünschte ich wol noch in aller Bescheidenheit um ein schönes, für mich unverbesserliches Andenken, und zwar um einige Retourzeilen welche ich aber auch als nur ein Heiligthum! mir selbst erhalten werde.
Mit aller Hochachtung und Ehrfurcht

Ihr
treuester Verehrer
gehorsamster dankbarer
AF. Weißenborn.

Weimar d. 17ten Februar
1859.

Autor(en): Weißenborn, August Friedrich
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Liszt, Franz
Singer, Edmund
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Weimar
Erwähnte Institutionen: Hofkapelle <Weimar>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1859021144

Spohr



[1] Vgl. Spohr an Franz Liszt, 26.01.1859.

[2] „guten” über der Zeile eingefügt.

[3] „gegenüber” über der Zeile eingefügt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (07.12.2016).