Autograf: Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky (D-Hs), Sign. NGDO : B : 196

Sr. Wohlgeb
Herrn G.D. Otten
Direktor des Musikvereins
in Hamburg.
 
 
Cassel den 11ten November 1858.
 
Geehrter Herr Musikdirector,
 
Es sind 2 Sinfonien in C mol von mir gestochen, die, so viel ich weiß, beyde noch nicht in Hamburg gehört worden sind. Ob die eine von ihnen, die 5te, beym Musikfeste in Nordhausen gemacht worden ist, weiß ich zwar nicht mehr in meinen alten Papieren nachzuweisen. Sie werden sie aber wohl mit der 3ten verwechselt haben, die wenigstens gemacht seyn könne, da sie damals schon existirte.1 Ich muß allso annehmen, daß es diese ist, die Sie für Ihr Concert am 2tenDecember geliehen zu erhalten wünschen. Von beyden Sinfonien kann ich Ihnen die Auflagestimmen borgen, da Sie nach Ihrer Besetzung bebrauchen. Von der 3ten habe ich aber nur 3 Violinstimmen 2 Alt und 4 Baßstimmen für Violoncell u. C.Baß. Wenn Sie allso nicht noch ein Exemplar der Saiteninstrumente in Hamburg geborgt bekommen können, so müßten Sie2 von dem Quartett noch einige Copien machen lassen. Was aber noch schlimmer ist, es fehlt an einer Partitur und ich habe jedesmal, wenn die Sinfonie hier gemacht worden ist, aus dem 4händigen Clavierauszuge dirigiren müssen3, den ich aber nicht selbst besitze und Ihnen daher nicht mitsenden kann. Diesen müßten Sie sich daher4 vom Verleger Schlesinger in Berlin kommen lassen, wenn Sie ihn nicht etwas auch in Hamburg geborgt bekommen könnten. Denn ohne alle Directionsstimme wird sich die Sinfonie nicht gut einüben lassen! Jedenfalls muß ich Sie noch um eine zweite Zuschrift bitten, wenn es sich aufklärt, ob Sie die 5te oder 3te meiner Sinfonien zu erhalten wünschen. Ist es aber die 5te, so muß ich erst an den Musikdirector Dietrich in Bielefeld schreiben der Partitur und Stimmen in dem Augenblick im Besitz hat und ihn beauftragen Ihnen beyden sogleich zuzusenden.
Jedenfalls ist daher nöthig, daß Sie Ihre 2te Zuschrift beeilen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
 
Ihr
ergebener
Louis Spohr.
 
NS. Die Harfenkompositionen, die ich mit meiner seeligen Frau damals spielte, sind mit Ausnahme weniger, die für Piano arragiert wurden, zurückgelegt und niemals veröffentlicht worden! Doch besitzt der Harfenist Schaller5 in Hamburg viele davon, von dem6 das genannte Frl. sie7 vielleicht bekommen könnte.
 
der Obige.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Otten, Georg Dietrich
Erwähnte Personen: Dietrich, Carl
Schaller, Johann Nicolaus
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Sinfonien, op. 102
Spohr, Louis : Sinfonien, op. 78
Erwähnte Orte: Hamburg
Nordhausen
Erwähnte Institutionen: Elbe-Musikfeste <wechselnde Orte>
Schlesinger <Berlin>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1858111113

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Otten an Spohr. Ottens Antwortbrief ist derzeit ebenfalls verschollen.
 
[1] Vgl. „Viertes Musikfest an der Elbe, gehalten zu Nordhausen am 11ten und 12ten Juni 1829”, in: Allgemeine musikalische Zeitung 31 (1829), Sp. 419-423, hier Sp. 422. Eine Aufführung der 5. Sinfonie op. 102 bei einem Musikfest in Nordhausen ist derzeit tatsächlich nicht nachzuweisen.
 
[2] „Sie” über der Zeile eingefügt.
 
[3] Die Partitur ging kurz nach der Uraufführung verloren (vgl. Spohr an Wilhelm Speyer, 09.03.1829).
 
[4] Hier gestrichen: „entweder”.
 
[5] Hier ein Wort gestrichen.
 
[6] Hier gestrichen: „die genannte”.
 
[7] „sie” über der Zeile eingefügt.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (10.10.2016).