Autograf: letzter Nachweis siehe Beleg
Inhaltsangabe: Autographen-Sammlung Alexander Posonyi in Wien. II. Musiker (= Katalog Cohen 98), Bonn 1900, S. 110
Beleg: Verkaufsangebot Sammlung Heron-Allen des Musikantiquariats Hans Schneider, Tutzing o.J. (ca. 2000er Jahre)

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Zellner, Leopold Alexander
Erwähnte Personen:
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Der Fall Babylons
Erwähnte Orte: Wien
Erwähnte Institutionen: Gesellschaft der Musikfreunde <Wien>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1858110717

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Zellner an Spohr.
[Ergänzung 06.07.2024: Inhaltsangabe nach Katalog Cohen: „L. a. s. Cassel, den 7. November 1859(sic!). 1¾ p. gr.-4°. Av. adr. a. An Zellner. / Aehnlichen Inhalts wie der Brief vom 6. Sept. 1846.“ Angabe nach Verkaufsangebot Schneider: „Eigh. Brief m. U. Kassel 7.11.1859. 2 S. 4°.“ Die hier übereinstimmende Jahreszahl kann nicht stimmen, da Spohr bereits am 22.10.1859 starb. Vermutlich notierte Spohr also wirklich in seinem Brief des Vorjahrs dieses falsche Datum. Die Identität der Briefe bei Cohen und Schneider ergibt sich auch aus der gemeinsamen Überlieferung folgender Briefe Spohrs in beiden Katalogen: an Carl August Quanter, 13.01.1835, an August Schmidt, 11.12.1838, an Ludwig Bischoff, 07.01.1841, an unbekannt 04.05.1840, an unbekannt, 06.09.1846 und an unbekannt, 23.11.1846.]
Der Inhalt dieses Briefs folgt aus Spohr an Moritz Hauptmann, 06.11.1858: „Gestern bekam ich vom musik. Kritiker Zellner [...] die Nachricht, daß in Wien im Laufe dieses Winters eins meiner Oratorien aufgeführt werden soll, und lud mich Namens der Unternehmer ein dazu hinzukommen und die Direction desselben zu übernehmen. Vor einer Reihe von Jahren hatte der dortige Östreichsche Verein die Absicht meinen Fall Babylons als Musikfest in der kaiserl. Reitschule zu geben. Damals war aber selbst mit Hülfe Metternichs der Urlaub für mich nicht auszuwirken. Jetzt wo ich abkommen könnte, muß ich, da ich invalide bin, und die Reise im Winter zu weit und zu beschwerlich ist, von Neuem verzichten. Ich werde daher ablehnen, […]“.
Ähnlich berichtet Spohr an Ferdinand Böhme, 15.11.1858: „worin mir [...] Herr Zellner […] den Vorschlag machte, im Lauf des Winters nach Wien zu kommen und dort, wo noch keines meiner Oratorien gehört worden ist, eines derselben zu einem gemeinnützigen künstlerischen Zwecke zu veranstalten. So sehr mir dieß Freude machen würde, so habe ich es doch ablehnen müssen, da er die Theilnahme der dortigen Vereine und Solosänger […] an die Bedingung knüpft, daß ich selbst komme und die Direction übernehme […] Weil ich mir nun im Winter die weite Reise nicht zu machen getraue, auch mich bey meinen hohen Alter von der Aufregung und Anstrengung bey der Aufführung fürchte, so habe ich es […] abgelehnt […]“.
Offensichtlich bezieht Zellner sich selbst in seinem Nachruf auf Spohr auf diesen Brief: „Er schrieb geistliche Musik […], wohin seine Cantaten und Oratorien, wie: ,Das jüngste Gericht’, ,Die letzten Dinge’ […] und ,Der Fall Babylons’ zu zählen sind, welches letztere Spohr noch im vorigen Jahr die Idee hatte, in Wien persönlich zur Aufführung zu bringen, welcher Vorsatz indessen an den Hindernissen scheiterte, welche die körperliche Gebrechlichkeit des greisen Meisters dem Unternehmen einer so weiten Reise entgegen setzte“ (L[eopold] A[lexander] Zellner, „Louis Spohr †“, in: Blätter für Musik, Theater und Kunst 5 (1859), S. 337f., hier S. 338). Der Vergleich zum Brief an Hauptmann legt nah, dass Spohr in diesem Brief nicht die Idee äußert, 1859 Der Fall Babylons zur Aufführung zu bringen, sondern möglicherweise über den früheren Wiener Aufführungsplan berichtet. Vermutlich bezieht sich Zellners Anmerkung zu Spohrs angeblicher Idee auch nicht auf Spohrs Brief, sondern auf eine bereits am 02.11.1858 in Zellners Zeitung veröffentlichte Notiz: „Wenn sich das Gerücht bewahrheitet, daß Altmeister Spohr im Laufe der Saison hier eintreffen soll, um sein Oratorium ,der Fall Babylons,‘ unter seiner persönlichen Direction zur Aufführung zu bringen, so würde dies in der That eines der interessantesten Ereignisse zu nennen sein. Für die heutige Generation Wiens ist Spohr ‘s Persönlichkeit eine factisch neue Erscheinung, und wenn sich der Meister gar herbeiließe, sich bei dieser Gelegenheit auch als Quartettspieler hören zu lassen, so würde die Sensation wohl eine allgemeine werden“ (Blätter für Musik, Theater und Kunst 4 (1858), S. 175).
[gestrichen 06.07.2024: Da Spohr in seinem Brief an Hauptmann schreibt, er „werde ablehnen“, im Brief an Böhme, „so habe ich es […] abgelehnt“, dürfte dieser Brief zwischen 06. und 15.11.1858 entstanden sein.]

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (14.04.2021). Zunächst aus den angegebenen Briefen erschlossen; nach Katalog Cohen und Verkaufsangebot Schneider ergänzt (06.07.2024).