Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. Mus.ep. Spohr-Correspondenz 1,86
Druck: Ant[on] Šilhan, „Louis Spohr a Jeho Styky s Prahou”, in: Hudební Revue 2 (1909), S. 453-463, hier S. 462 (tschechische Übers.)
Inhaltsangabe: [Ernst Rychnovsky], Beschreibendes Verzeichnis der Autographen-Sammlung Fritz Donebauer in Prag, 2. Aufl., Prag 1900, S. 129
Beleg 1: Autographen-Sammlung enthaltend Musiker-Briefe und Musik-Manuskripte aus dem Nachlasse des berühmten Komponisten Louis Spohr (1784-1859) nebst Beiträgen aller Art (Fürsten, Staatsmänner, Dichter, Gelehrte, Künstler, etc.) aus dem Besitz eines bekannten Berliner Sammlers. Versteigerung zu Berlin Montag, den 15. und Dienstag, den 16. Oktober 1894 (= Katalog Liepmannssohn), Berlin 1894, S. 53
Beleg 2: Sammlung Fritz Donebauer, Prag. Briefe, Musik-Manuscripte, Portraits zur Geschichte der Musik und des Theaters. Versteigerung vom 6. bis 8. April 1908 (= Katalog Stargardt), Berlin 1908, S. 97
Beleg 3: Musik. Autographen Manuskripte Partituren Bücher (= Katalog Boerner 16), Leipzig 1910, S. 70
Beleg 4: Georg Kinsky, Versteigerung von Musiker-Autographen aus dem Nachlaß des Herrn Kommerzienrates Wilhelm Heyer in Köln im Geschäftslokal der Firma Karl Ernst Henrici. Montag, den 6 und Dienstag, den 7. Dezember, Bd. 1, Berlin 1926, S. 100

Wohlgeborner
Hochverehrter Herr!
 
Ich statte Ihnen im Namen des Festcomités und im eigenen Namen den innigsten Dak ab, daß Sie unsrer Feier durch Ihre Gegenwart verherrlichen werden. Doktor Helminger wird Sie und Ihre verehrte Frau Gemahlin in seinem eigenen Hause bewohnen und dafür sorgen, daß es Ihnen an nichts fehle.
Wie Sie aus dem Programm wissen werden ist während der Dauer des Festes eine Festvorstellung im Theater betimmt natürlich eine Oper eines deutschen Meisters. Baron Bohusch, der Theaterintendant und zugleich Festcomité-Vicepräsident, schlug in der letzten Sitzung zwei Opern, die gut besetzt werden können, vor: Euryanthe und Jessonda – Als er jedoch gestern durch mich erfuhr, daß Sie nach Prag kommen werden gab er sogleich den Auftrag, daß Jessonda studiert werde. Sie werden in kürzester Zeit ein Schreiben von ihm erhalten, worin er Sie bitten wird, uns allen die Freude zu machen und die Oper selbst zu dirigiren, um dadurch der Vorstellung den wahren und ächten Glanz zu verleihen.
Was den von Ihnen ausgesprochenen Wunsch betrifft, eine Ihrer Symphonien in das Programm aufzunehmen so drükt das Comité sein innigstes Bedauern aus, demselben nicht entsprechen zu können, weil er mit dem im Programm festgehaltenen principe unvereinbar ist. Für das erste Concert nämlich wurden nur für dieses Fest eigens geschriebene Compositionen von ehemaligen Zöglingen des Conservatoriums (3 neue Ouverturen von Gläser, Kalliwoda und Abert) und eine – erst jetzt componirte Symphonie von mir – als dem Direktor – bestimmt1; für die Kirchenproduction und das Concert spirituel bloß Werke verstorbener Meister.
Indem ich die Hoffnung hege, daß Sie den Ausspruch des Comités nicht mißdeuten werden, indem Sie ja in der Wahl der Oper für die Festvorstellung den deutlichsten Beweis der Hochachtung, die wir Ihnen zollen, erbliken müssen zeichne ich mich mit dem Wunsche, daß des Herrn Intendanten Bitte ein williges Ohr finden möge, hochachtungsvoll
 
Euer Wohlgeboren
ergebenster
JFKittl
 
Prag 16. Juni 858.



Dieser Brief ist die Antwort auf Spohr an Kittl, 13.06.1858. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Kittl, 02.07.1858.

[1] Vgl. Theophil Pisling, „Das funfzigjährige Jubelfest des prager Conservatoriums. Ein Brief an den Herausgeber“, in: Deutsches Museum 8 (1858), S. 208-215, hier S. 214.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (28.08.2017).