Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Montag den 18ten Januar

Bester, verehrtester Freund

endlich schicke ich Ihnen die Zeitung1 die erst vorgestern erschien, u. wenn es Ihnen etwas unterhält so wird es mir ganz auserordentliche lieb, u. je mehr d. Sie jetzt leiden. Mir war es ganz traurig zu Muth wie ich vor 10 Tage durch einen Brief von F. v. Malsburg Ihres Ungluckes gewahr wurde.2 Für uns a l l e, werter Freund, ist es auch ein wahres Unglück, u. wenn wir nur in der Wahrheit Ihre viele Schmerzen unter uns theilen könnten, so würden Sie, in der That, auf Rosen schlafen, u. wir dagegen ein bischen seufzen, obgleich mit frohen Herzen, weil wir das Bewusstseyn haben würden d. es Ihnen gut ging.
Ein wahres Vorurtheil werde ich stets gegen alle sämtlichen Treppen hegen, wenn ich ueberlege wie Sie dadurch beschädigt geworden sind, u. doch wird die Zeit schnell vorbei gehen, das weiss ich auch; geistig u. körperlich sind Sie so grund gesund d. Sie sich weit schneller erholen werden, als die meisten Menschen.
Bis die Hochzeit der Princess Royal3 vorbei ist, wird nichts besonders unternommen werden in der musikalischen Welt, u. eigentlich fängt die Welt (nicht W e i h e4) der Töne, erst nach Ostern an in London.
Mit Vater5 geht es so ziemlich, Mutter6 ist recht gesund. Charles war sehr traurig wie er von Ihrer Krankheit erfuhr. Seine Frau7 leidet an Rheumatismus, er dagegen befindet sich wohl, u. componirt fleissig an einem neuen Oratorium. Für heute muss ich Abschied nehmen, bald aber werde ich im Armen des Briefträgers an Ihr Thüre klopfen.
Herzliche Grüße an Ihre Frau Gemahlin

Ihre ergebenste Freundin
Sophy Horsley

Autor(en): Horsley, Sophie
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Horsley, Caroline
Horsley, Elisabeth
Horsley, William
Malsburg, Caroline von der
Victoria, Deutschland, Kaiserin
Erwähnte Kompositionen: Horsley, Charles Edward : Gideon
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1858011847

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Horsley an Spohr, 08.12.1857. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Horsley an Spohr, 18. und 19.11.1858.

[1] Noch nicht ermittelt.

[2] Vgl. „Kurhessen. Kassel, 28. Dec.”, in: Leipziger Zeitung (1857), S. 6483; „Cassel, den 28. December”, in: Neue Berliner Musikzeitung 12 (1858), S. 14; s.a. „Der alte Spohr in Kassel hat beim Ausgleiten auf einer Treppe den Arm gebrochen. Ein Liszt bricht höchstens einen Flügel” (Münchener Punsch 11 (1858), S. 16). 

[3] Die spätere Kaiserin Victoria (vgl. Charles Maybury Archer, A Guide and Descriptive Account of the Marriage of the Princess Royal with Prince Frederick William of Prussia, London 1858).

[4] Anspielung auf Spohrs 4. Sinfonie Die Weihe der Töne.

[5] William Horsley.

[6] Elisabeth Horsley.

[7] Caroline Horsley.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (12.08.2022).