Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Druck 1: Wilhelm Stahl, Gottfried Herrmann (= Sammlung musikwissenschaftlicher Einzeldarstellungen 17), Leipzig 1939, S. 38 (teilweise)
Druck 2: Rainer Krempien, „Louis Spohrs pädagogisches Wirken. Dargestellt am Beispiel seiner Beziehungen zu Gottfried Herrmann“, in: Louis Spohr. Festschrift und Ausstellungskatalog zum 200. Geburtstag, hrsg. v. Hartmut Becker und Rainer Krempien (= Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitzt Ausstellungskatalog 22), Kassel 1984, S. 53-64, hier S. 61 (teilweise)
Hochverehrtester Herr u. Meister!
Soeben erfahre ich durch meinen Vetter Alt1, daß mir ein gewisser H. Reiss zuvorgekommen ist2 u. mir wahrscheinlich trotz Ihrer Protection und Wohlgeneigtheit sehr hinderlich in den Weg tritt und mir am Ende meine schönen Aussichten u. Hoffnungen zunichte macht. Ja, ich hätte mich unendlich gefreut, hinfort in Ihrer mir so teuren Nähe wirken zu können u. vielleicht auch dadurch Gelegenheit zu finden, Ihnen das Vielerley einigermaßen vergelten u. in Zukunft erleichtern zu können, was ich Ihnen so sehr schulde. Sollte es Ihnen noch möglich werden, die Sache des H. Reiß zu redressiren, oder wenigstens so lange die Entscheidung aufzuhalten, bis mir Gelegenheit geworden wäre, Ihnen meine Fähigkeiten als Dirigent u. sowohl Geigen- als Clavierspieler darlegen zu können, so würde ich mich augenblicklich zu jeder Prüfung bereit halten. Bescheidenheit verbietet mir mehr über meine Leistungen zu sagen, aber ich glaube u. hoffe Ihrer Geneigtheit u. Empfehlung keine Schande zu machen u. mein Bestreben geht dahin eher das Gegentheil zu erwirken. In den letzten Wochen habe ich mich sehr gehörig vorbereitet u. bin auch seit ganz kurzer Zeit im Besitz einer ausgezeichneten Stradivari-Geige. – In der Hoffnung, mich womöglich recht bald einer günstigen Antwort von Ihnen erfreuen zu können zeichne ich unter den angelegentlichsten Grüßen an Sie und Ihre Frau Gemahlin
Hochachtungsvoll u.
Ergebenst
Gottfr. Herrmann.
Lübeck d. 29st3 Aug.
1856.
Autor(en): | Herrmann, Gottfried |
Adressat(en): | Spohr, Louis |
Erwähnte Personen: | Alt, Wilhelm Reiss, Carl |
Erwähnte Kompositionen: | |
Erwähnte Orte: | |
Erwähnte Institutionen: | Hoftheater <Kassel> |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1856082940 |
Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Herrmann an Spohr, 12.01.1856.
[1] Falls es sich um einen Kasseler Verwandten Herrmanns handelt, sicher der Hautboist Wilhelm Alt (vgl. Casselsches Adreß-Buch (1856), S. 3).
[2] Bewerbung um die Position des zweiten Kapellmeisters am Hoftheater in Kassel in Nachfolge des entlassenen Jean Joseph Bott (vgl. Spohr an Ferdinand Böhme, 12.06.1856; „Herr Capellmeister Bott in Cassel”, in: Signale für die musikalische Welt 14 (1856), S. 304; „Ueber die Bott-Angelegenheit”, in: ebd., S. 340).
[3] „9“ aus „8“ korrigiert.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (03.09.2021).