Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Löwenberg 2. Juni 56

Hochgeehrtester Herr!

Verzeihen Sie, daß ich Ihren werthen Brief vom 26. April erst heute beantworte. Anfangs unentschlossen, was ich mit meiner Oper anfangen will, gesellte sich leider auch noch eine Krankheit dazu, welche mich beinahe 14 Tage des Schreibens unfähig machte und so genehmigen Sie denn heute noch meinen aufrichtigsten herzlichsten Dank für Ihre gütige Verwendung mit der Versicherung auch, daß ich die vollste Ueberzeugung habe, daß meine Oper in Kassel zur Aufführung gekommen wäre, wenn es einzig und allein von dem Willen und Ausspruche Eurer Hochwohlgeboren abgehangen hätte; aber so haben leider die ungünstigen Nebenumstände die Oberhand bekommen und Ihre edle Absicht konnte nicht vollführt werden. Ich nehme mir es zur höchsten Ehre, daß sich mein Werk Ihrer hochgeschätzten Protektion zu erfreuen haben durfte und würde nur, Ihrer gütigen Anfrage gemäß, Sie recht sehr bitten, die Oper nach Hannover zu schicken, indem ich dort einen Versuch damit machen will, und sollte es auch da fehlschlagen, will ich später in Dresden anfragen. Ich werde mich zunächst Herrn Kapellmeister Fischer in Hannover wenden und würde mich sehr glücklich fühlen, wenn Sie einige empfehlende Worte entweder mir freundlichst zustellen, damit ich sie nöthigenfalls noch anderweitig benützen könne, was mir freilich das liebste wäre; oder dem Werke selbst beilegen wollten. Wenn Euer Hochwohlgeboren die Oper zunächst an die Intendanz oder an H. Hkm. Fischer einzusenden für gut halten (Marschner höre ich, hätte sich des Dienstes ganz begeben), überlasse ich ganz Ihhrem Gutdünken und versichere Sie wiederholt, daß ich diesen Freundschaftsdienst, mir zur höchsten Ehre rechne.
Es würde mich ungemein erfreuen, wenn mein Sohn später in die Hofkapelle in Kassel eintreten könnte und ich vertraue ganz und gar den freundlichen Versicherungen Euer Hochwohlgeboren. Der Abgang Schmidts aus Frankfurt scheint ein leeres Gerücht gewesen zu sein indem derselbe sich noch fortwährend dort befindet und auch in Frankfurt Niemand etwas wissen will.1
Mit dem Ausdrucke der innigsten Dankbarkeit und Verehrung zeichnet sich mit vollkommenster Hochachtung

Ihr ergebenster
GWichtl

Autor(en): Wichtl, Georg
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Fischer, Carl Ludwig
Marschner, Heinrich
Wichtl, Rudolph
Erwähnte Kompositionen: Wichtl, Georg : Aladin
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen: Hofkapelle <Kassel>
Hoftheater <Dresden>
Hoftheater <Hannover>
Hoftheater <Kassel>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1856060244

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf den derzeit verschollenen Brief Spohr an Wichtl, 26.04.1855.

[1] Wichtl verwechselt offensichtlich den Frankfurter Kapellmeister Gustav Schmitt mit dem Frankfurter Georg Alois Schmitt, der im Folgejahr seine Stelle in Schwerin antrat (vgl. Wichtl an Spohr, 18.04.1856).

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (14.06.2022).