Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. hist. Litt. 15[518,10

Cassel den 8ten April
1856.

Hochgeehrter Herr,

Für Ihre freundlichen Glückwünsche zu meinem Geburtstage sage ich Ihnen den herzlichsten Dank! Er fiel dieses Jahr auf den Wochentag, an welchem wir unsere Geburtstagsparthien abhalten, und so beschloß ich ihn auf die für mich angenehmste Weise, musicirend im Kreise meiner Familie und musikalischen Freunde. Aber auch für das liebe Geschenk sage ich Ihnen den besten Dank! Es hat angenehme Jugenderinnerungen in mir geweckt, denn ich war in früheren Zeiten oft auf Ihrem Schlosse und in der Umgegend. Der Anblick hat unsern Vorsatz, in diesem Sommer eine kl. Excursion in den Harz zu machen, von Neuem bestärkt, und wir nehmen daher Ihr freundliches Anerbieten, unser Führer seyn zu wollen, mit herzlichem Dank an. Auch wird es sich, Ihrem Wunsche gemäß, leicht ausführen lassen, daß ich diese Ausflucht in die 2te Hälfte des Juli verlege, und wir schon deshalb1 später nach Ihrer gefälligen Bestimmung entgegen, an welchem Tage wir bey Ihnen erscheinen sollen.
Die erste Zeit meiner Ferien gedenke ich zu einer Reise nach Amsterdam zu verwenden, wo meine Frau noch nicht war. In den ersten Tagen des Juli werden wir aber zurückkehren und Ihrer Weisung harren.
Daß die neuen Directoren Kompositionen für das Mozart-Album zugesagt haben, freut mich sehr! - Sie wünschen von mir zu wissen, wie diese beschaffen seyn müßten? Vor allem muß es gute Musik seyn, des berühmten Namens würdige; dann ist die Form Nebensache! Ich bin begierig das, vor den Directoren Eingesandte, so wie das noch zu Hoffende, bey Ihnen einzusehen, so wie es mich überhaupt drängt, mich mit Ihnen einmal ausführlich über unsere Mozartstiftung, und wie sie lebendig zu erhalten ist, zu besprechen! - Den Aufsatz Brendel‘s2, dem Ihre Entgegnung3 gilt, habe ich noch nicht gelesen; er muß aber impertinent seyn, und der Verfasser verdient daher vollkommen Ihre Züchtigung. Ihr Aufsatz der mir sehr gefällt, und den ich beyliegend zurücksende, ist nicht ganz correkt abgeschrieben und bedarf daher noch einer Durchsicht.
Wir freuen uns sehr auf unsere kl. Harzreise, da uns dabey4 das Vernügen zu Theil werden wird, Sie, Ihre Frau Gemahlin, und meinen kl. Pathen5 kennen zu lernen. Meine Frau erwiedert Ihre und Ihrer Fr. Gemahlin Grüße auf das Herzlichste.
Hochachtungsvoll

Ihr
ergebener
Louis Spohr.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Haushalter, Carl
Erwähnte Personen: Haushalter, Louis
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1856040827

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Haushalter an Spohr. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Haushalter, 29.05.1856.

[1] „deshalb“ über der Zeile eingefügt.

[2] [Franz Brendel], „Nachschrift der Redaction“, in: Neue Zeitschrift für Musik 44 (1856), S. 143.

[3] C[arl] Haushalter, Entgegnung auf die Nachschrift des Redacteurs der Leipziger Musikzeitung, Herrn Dr. Fr. Brendel, zu meinem Aufsatze über die praktischen Resultate des Mozartvereins, Erfurt [1856]. - Diesen beiden Texten waren bereits vorangegangen: F[ranz] Brendel, „Die Generalversammlung deutscher Tonkünstler zu Gotha am 24. August“, in: Neue Zeitschrift für Musik 43 (1855), S. 139ff.; [Carl] Haushalter, „Beitrag zur Geschichte des Mozart-Vereins“, in: Berliner Musikzeitung Echo 6 (1956), S. 221ff. und 231f.

[4] „dabey“ über der Zeile eingefügt.

[5] Louis Haushalter.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (28.04.2017).