Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287[Kiel, A.:23
Digitale Edition: Carl Louis Bargheer, Fiedellieder plus. Eine digitale Edition, hrsg. v. Joachim Veit, Version 1.1, Detmold 2013 [→ Handschriftliche Dokumente → Sonstige Institutionen → *1856-04-01 August Kiel an Louis Spohr in Kassel, Detmold, 01. April 1856]

Hochverehrter Herr Generalmusikdirektor!
 
Unsere erste Sängerin, Fräulein Michalesi die Schwester der Krebs-Michalesi, eine vortreffliche Sängerin mit schöner klangvoller Stimme, sehr reichem Repertoir, und einer sehr großen, obgleich schönen Figur, wünscht am Casseler Hoftheater im Monat Mai oder auch später einige Gastrollen zu geben. Ich bin fest überzeugt, daß Ihnen und auch dem Publikum diese Sängerin gefallen wird, namentlich durch ihren ausdrucksvollen und correcten Gesang. Sie hat gestern noch die Julia in der Vestalin vortrefflich gesungen. Ihren herrlichen Faust werden wir hoffentlich am 11ten d.M. aufführen, ich mache es mir zur heiligsten Pflicht diese schöne Musik so sorgfältig als es nur immer möglich, einzustimmen. Wir haben zwar nur einen kleinen Hof und ein kleines Publikum, allein beide lieben Ihre Musik und freuen sich auf die Aufführung dieser Oper. Ich bin fest überzeugt daß unser Fürst, der vorzugsweise classische Musik liebt es sehr hoch aufnehmen würde, wenn Sie, verehrter Meister demselben einige Lieder für Bariton zueignen würden. Das Orchester hat der Fürst auf einen achtungswerthen Standpunkt gehoben, wir haben im Quartett 16 tüchtige Geiger, 4 Bratschen, 3 Contrabässe und 3 Celli, sämtliche Blasinstrumente, ohne Militärmusiker nötig zu haben. Ich wünschte Sie hätten vor 8 Tagen Ihre 8te Sinfonie anhören können. Sie würden zufrieden gewesen sein. – Da Sie sich hochverehrter Herr für mich und meine Familie von jeher so gütig interessiren, so mache ich Ihnen die traurige Nachricht kund daß am 27ten v.M. mein lieber, guter Vater gestorben ist, überzeugt daß Sie an meinem großen Verlust Antheil nehmen werden.
 
Mit vollkommenster Hochachtung
und Verehrung Ew. Hochwohlgeboren
dankbarster
AugKiel
 
Detmold d. 1st Aprill 1856.



Der letzte Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Kiel, 09.12.1855. Spohr benanwortete diesen Brief am 05.04.1856.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (01.07.2016).