Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Hochgeehrter Herr Kapellmeister –

Schon seit Monaten hatte ich mir vorgenommen Ihnen zu schreiben und um Entschuldigung zu bitten, Ihnen bei Sendung meiner Verlobungskarten nicht einige Zeilen geschickt zu haben, woran ich gewiß nur durch so vielerlei Umstände grade in der schönen Zeit verhindert werden konnte. Ihre Theilnahme, hochgeehrter Herr, dürfte ich ja wohl in meinem von Freude überfüllten Herzen ganz gewiß sein, wie auch, daß Ihnen die Karten ein Beweis von meiner stets sich bessenden Stellung waren.
Als Sie damals mir so gütig zuredeten, in Cassel zu bleiben, dachte ich nicht, daß meine Bemühungen hier in Hamburg so gesegnet werden würden; und dennoch bleibt es stets mein innigster Wunsch in Ihrer Nähe noch einmal leben zu dürfen. Im nächsten November hat unsere geliebte Mama1 die Hochzeit bestimmt, da ich die besten Aussichten für die Zukunft habe und augenblicklich schon gut das dreifache von dem vom Intendanten mir gebotenen Gehalte verdiene. Meine Stellung ist der Art, daß ich gewiß nicht mit irgend einer an einem Theater tauschen möchte, da ich ja außerdem jeden Abend für mich habe.
Bernhard ist bis jetzt in Wien gewesen, wo er auch mehrmals von seinem Sachen gespielt hat, geht nun noch etwas nach München und Stuttgard und wird sich so einrichten, Ihnen hochgeehrter Herr gegen die Mitte nächsten Monats einen Besuch zu machen; am Ende findet sich daselbst eine Gelegenheit, wo Sie etwas von Bernhards Sachen mit Orchester hören.
Im Laufe des Winters haben wir hier mal Ihr letztes Doppelquartett aufgeführt und spielte ich mich in Schaller‘s Concert eine Sonate von Ihnen mit großem Beifall. ich hatte außerdem noch eine Fantaisie von Vieuxteps, aus Lombardi, vorgetragen und kam mir meine herrliche Violine sehr zu Hülfe. Es ist ein Instrument wie ich‘s nie zuvor hörte und fehlt mir nur dabei, Ihr Urtheil, über dasselbe erst zu haben.
Zum Schluß darf ich Ihnen noch erzählen wie viel Freude ich diesen Winter an Jessonda gehabt. Im Verein mit einem der besten hiesiegen Gesanglehrer, Dr B[e]rens, habe ich eine SingAcad[em]ie, wo wir außer geistlichen Sachen auch Opern vornehmen und haben wir im Laufe des Winters bald die ganze Jessonda durchstudirt.
Indem ich bitte, der Frau Kapellmeister mich angelegentlichst zu empfehlen, habe ich auch die freundlichsten Grüße von Mama u. Dinchen2 Ihnen beiderseits zu bestellen und bin ich
mit ganz besonderer Hochachtung
hochgeehrter Herr Kapellmeister

Ihr
Ihnen dankbar ergebner
Fritz Schmidt.

17/2. 56.
7. Rathhausstraße.
Hamburg.

Autor(en): Schmidt, Fritz
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Behrens, Johann Jacob
Hildebrand-Romberg, Bernhard
Hildebrand-Romberg, Bernhardine
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Doppelquartette, op. 136
Erwähnte Orte: Hamburg
Erwähnte Institutionen: Singakademie <Hamburg>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1856021740

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schmidt an Spohr, 02.05.1855. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schmidt an Spohr, 08.10.1856.

[1] Bernhardine Hildebrand-Romberg.

[2] Schmidts Verlobte Bernhardine.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (17.07.2024).