Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Abschrift: Stadtbibliothek Lübeck (D-LÜh), Sign. Lub. Pers. 32
Inhaltsangabe: Sylvina Zander, Zum Nähen wenig Lust, sonst ein gutes Kind. Mädchenerziehung und Frauenbildung in Lübeck, Lübeck 1996, S. 388 (nach Abschrift)

Hochwohlgeborner Herr,
Hochverehrtester Freund!

Recht sehr muß ich um Entschuldigung bitten, daß ich Ihnen erst heute berichte, wie große Freude Sie bey uns durch Annahme der Pathenstelle bey unserer Kleinsten hervorgerufen u. wie sehr Sie mich wiederum zu größtem Danke verbunden haben. Eben so sehr bedauerten wir aber, Sie bey Gelegenheit nicht wieder in unserer Mitte sehen zu können, hoffen aber, auf das große Vergnügen in baldigster Zeit. Die kleine erhielt nun die Namen: Louise, Ida, Auguste u. hat zu unserer Freude sich schon recht zusehends entwickelt. – Bis jetzt haben wir schon mehreremal Ihre Jessonda mit größtem Erfolge u. zu größter Freude der wahren Musikkenner gegebn. Was ist das aber auch für ein wirklich wahrer, freyer u. nicht bloß auscalculirter musikalischer Erguß! u. sie können sich einem ungetrübten wohlthuenden Genusse hingeben! – Recht brav sind die Frau Stock-Heintzen als Jessonda, welche Ihnen bekannt ist u. H. Ratkowsky als Tristan. Die Übrigen waren genügend u. gaben sich die ersichtlichste Mühe. Ihren Faust werden wir auch gut besetzen können u. recht sehr wünschte ich denselben in neuester Gestalt mit Recitativen geben zu können. Würden Sie wohl die außerordentliche Güte haben, wozu Sie mir vergagenenen Sommer Aussicht eröffneten, dieselbe mir in nächster Zeit zu leihen? – Früher wurde er hier schon einmal mit Dialog gegeben. Möchten Sie meine Bitte erfüllen mögen, so dürfte ich wohl einer recht baldigen Zusendung entgegensehen? – – Der Herr Dr. Meyer1 hat mir die besten Grüße an Sie und Ihre Frau Gemahlin aufgetragen, mit der Angabe, was Sie interessiren wird, daß am nächsten 9ten Januar sein Vater2 sein 50jähriges Schuljubiläum feyern werde. –
Mit meiner Oper sieht es Ihrer zuletzt erfolgten Mittheilung nach wohl sehr mißlich aus? – Sollten sich irgend noch Aussichten eröffnen, oder ich auf irgend eine Art noch etwas zum Gelingen unternehmen können, so würden Sie mir bestimmt gütigst darüber einen Wink geben. – Unter den angelegentlichsten Grüßen u. Gratulationen zum bevorstehenden Neujahr von uns an Sie u. Ihre liebe Frau Gemahlin bin u. verbleibe ich


Hochachtungsvoll
Ihr ganz ergebenster
Gottfr. Herrmann.

Lübeck d. 27st Dec.
1855.

Autor(en): Herrmann, Gottfried
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Engel, Friedrich
Heintzen, Elise
Herrmann, Ida
Meier, Adolph
Meier, Johann Heinrich
Radkowsky, Joseph
Erwähnte Kompositionen: Herrmann, Gottfried : Toussaint l'Ouverture
Spohr, Louis : Faust
Spohr, Louis : Jessonda
Erwähnte Orte: Lübeck
Erwähnte Institutionen: Hoftheater <Kassel>
Stadttheater <Lübeck>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1855122740

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Spohr an Herrmann. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Herrmann an Spohr, 12.01.1856.

[1] Adolph Meier.

[2] Johann Heinrich Meier.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (02.09.2021).