Gustav Sönderop an Louis Spohr in Kassel

Herrn Kapellmeister Louis Spohr
Hochwohlgeboren in Cassel.


Pyritz in Pomern
am 15^ten December 1855.

Mein hochverehrter Herr Kapellmeister.

Mit Freude nehme ich Ihr Anerbieten an; anbei erfolgen 2 Geigen, von denen die angebliche Amati Geige fünfzehn Thaler, die andre, gelbe, dreißig Thaler kostet.¹ Eine von beiden muß ich behalten, ich darf aber auch beide behalten. Binnen 4 Wochen vom ii dieses Monats ab muß ich mich erklären, und die Geige welche ich nicht behalten will, zurückgeben. Fünfzehn Thaler habe ich angezahlt. Selbst verstehe ich nichts von der Sache, der Lehrer² sagt aber, beide Geigen seien alt. Der Zettel in der braunen Geige mit der Nachricht: Nicolaus Amatius, Cremonien, Hieronymi Filii, Antoni nepos, 1717 – mag wohl nichts beweisen.
Haben Sie nun die Güte, zu prüfen und mir zu schreiben, was an den Geigen ist, ob ich beide behalten soll oder nur eine und welche. Die Rücksendung der für untauglich befunenen veranlassen Sie dann wohl. Stimmen Sie für beide Geigen, so ist es mir gewiß recht, wenn Sie ohne weitere Rückfrage die Reparatur(???) beider Geigen ausführen lassen. Mein zweiter Sohn³ soll, wenn Gott will, auch Geige spielen lernen, und da brauchte ich doch eine zweite. Am übelsten wäre ich dran, wenn keine etwas taugte. Behalten muß ich eine, was soll ich denn machen!
Genehmigen Sie die Versicherung meiner aufrichtigen Hochachtung und Ergebenheit. Sie sind so freundlich gegen mich, wie soll ich das vergelten. Gott erhalte Sie.

Die braune Geige (Amati)
kostet 15 Rth.
die gelbe 30 Rth.

Sönderop
Rechts-Anwalt.