Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. hist. Litt. 15[518,5

Sr. Wohlgeb
Herrn Rechtsanwalt
Haushalter
in
Wernigerode
am Harz.
 
 
Cassel den 9ten December
1855.
 
Hochgeehrter Herr,
 
Sie hatten lange nichts von sich hören lassen und ich fürchtete bereits, unser Verein sey eingeschlafen. Um so mehr haben mich die guten Neuigkeiten erfreut. Die Einlage habe mit meinem Votum an Herrn K. Lambert weiter befördert.
Da ich voraussetzen darf, daß unter den 400 Briefen1, die Sie in unserer Angelegenheit expedirt haben, auch einer an unsern Kurfürst sich befunden hat, so muß ich mit Betrübniß melden, daß er bis jetzt davon unserm Generalintendanten des Hoftheaters Herrn Hofmarschall von Heringen keine Mittheilung gemacht hat. Es ist daraus zu schließen, daß er wenig geneigt ist, eine Theatervorstellung zum Besten unsers Vereins zu gewähren. Da indessen unser Intendant von mir für die Angelegenheit gewonnen ist, und alles aufbiethen will, die Erlaubniß des Kurfürsten zu erwirken, so gebe ich deshalb noch nicht alle Hoffnung auf. Nur wird es nöthig seyn, daß Sie sich auch mit einem Gesuch an unsern Intendanten wenden, damit er sich, darauf gestützt, an den Kurfürst wenden kann, da dieser ihm von Ihrem Schreiben keine Mittheilung gemacht hat. Der Intendant ist unserm Unternehmen so geneigt, daß wir bereits über die Mozartsche Oper übereingekommen sind, die nach längerer Ruhe am 27sten Januar wieder neu in Scene gesetzt werden soll. Aber des Kurfürsten Einwilligung wird schwer zu erlangen seyn! -
Ich habe in Bezug auf die Zusammenkunft des Gesamtdirectoriums im nächsten Sommer in dem Zirkular erklärt, daß ich nur alsdann theilnehmen kann, wenn sie in die Zeit unserer Theaterferien von Mitte Juni bis Ende Juli fällt, da ich außer dieser Zeit keinen Urlaub erhalte. Bey einem zu veranstaltenden Musikfeste zum Besten unsers Vereins werde ich gern mitwirken, und ich glaube fest, daß ihr Wohnort der geeigneste dazu seyn wird, wenn sich die nöthigen musikalischen Kräfte dort zusammenbringen lassen. Hier würde die Erlaubniß des Kurfürsten nicht zu erwirken seyn, auch sind fast alle unsere Sänger und Orchestermitglieder während der Ferienzeit abwesend.
Es sind nun wohl zunächst erst die Abstimmungen der übrigen Directoriumsmitglieder hierüber abzuwarten.
Vor einiger Zeit hat sich bey mir ein Herr C. Eduard Belcke, Studiosus der Theologie auf Schloß Thierenberg-Cumanen(?) bey Königsberg in Ost-Preußen zum Mitgliede unsers Vereins gemeldet und allerley Anfragen gemacht2, die ich ihm beantwortet habe.3 Wegen seines Beytrags verwies ich ihn an Sie. Hat er sich schon gemeldet?
Schließlich bitte ich noch, daß Sie das Schreiben an Herrn von Heringen recht bald abgehen lassen, damit er Zeit [hat] den günstigsten Zeitpunkt beym Kurfü[rsten] abzupassen, um ihn für unsere Wünsche zu stimmen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
 
Ihr
ergebener
Louis Spohr.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Haushalter, Carl
Erwähnte Personen: Belcke, Eduard
Friedrich Wilhelm Hessen-Kassel, Kurfürst
Heeringen, Josias von
Lampert, Ernst
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen: Hoftheater <Kassel>
Mozartverein <Gotha>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1855120927

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Haushalter an Spohr. Der nächste erschlossene Brief dieser Korrespondenz ist Haushalter an Spohr, 03.01.1856.
 
[1] Wahrscheinlich entspricht der Brieftext dem „Aufruf an die deutsche Nation und Mozart‘s Freunde“, in: Niederrheinische Musik-Zeitung 3 (1855), S. 398; dass., in: Urania 13 (1855), S. 107f.
 
[2] Dieser Brief ist derzeit verschollen.
 
[3] Dieser Brief ist derzeit verschollen.
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (21.04.2017).