Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

2/5. 55.
7. Rathhausstraße.
Hamburg.

Hochgeehrter Herr Kapellmeister

Schon wieder wage ich es, Sie mit diesen Zeilen zu belästigen, blicke aber mit solchem Vertraun auf Sie, seitdem ich das letzte Mal das Glück hatte, Sie zu sehn, daß ich überzeugt bin, Sie verzeihn meiner allzugroßen Lebhaftigkeit. Schon lange wünschte ich, Ihnen mittheilen zu können, wie unnenbar(?) groß mein Glück dadurch geworden, daß Berhardine1 seit dem 8. April mein, daß ihre Mama2 uns zu den glücklichsten Menschen auf der Welt macht; und können Sie, da ich ja nun weiß, mit welche Güte Sie für mich sorgen wollten, mir nicht böse über die nachstehende Bitte sein.
In Hannover ist, durch eines Herrn Nicola‘s Abgang mit Pension, eine der besten Stellen, mit 6-800 Rth, bei der ersten Violine erledigt und fürfen Sie, hochgeehrter Herr Kapellmeister, Ihr Wohlwollen mir3 nicht entziehen, wenn ich bitte, dem Herrn Grafen v. Platen doch einige Worte über mich zu schreiben; aber ich weiß ja nur zu gut, daß Ihre freundliche Fürsprache allein mir den allerbesten Erfolgt sichert, wenn besonders es von Ihnen allein ausgeht ohne mein Mitwissen, da ich aus Hannover sselbst, es mir gewiß nur schadet, wenn meine Eltern oder ich etwas in der Sache thäten. Wie sehr ich aber wünsche nach Hannover zu kommen, darf ich Ihnen sagen, denn in vieler Hinsicht erwartet ich dort eine angenehme Stellung aber durch die Meinigen durch meinen Verwandten.
Oft denken wir, miteinander Luftschlösser bauend, an Ihre letzte Anwesenheit in Hannover, daß vielleicht damals schon ein paar freundliche Worte über mich gefallen. Bernhard wäre gern gekommen, hätte er nicht gerade zuletzt nach Aufforderung zum Concert spielen bekommen. Heute halten wir zum zweiten Male Nachricht von B. aus London, es geht ihm sehr gut und musicirt er fleißig
Besonders in letzter Zeit spielte ich mehrmals Quartett von Ihnen mit großem Eifer, gestern noch das 10te A dur; Cello spielte Fritz Schuberth der Verleger. Auch waren wir von wenigen Tagen zusammen in Altona in einem Concert, wo Ihr köstliches Sextett aufgeführt.
Wenn ich hoffen dürfte, daß Sie ich mit einem Briefchen erfreuen möchten, so bitte Sie nach der Rathhausstraße zu adressiren, weshalb ich nun wohne, da Mama eine kleine Wohnung auf dem Lande genommen und sich mit uns Allen ganz außerordentlich freut, wenn Sie und Frau Kapellmeister wirklich im Sommer nach Hamburg kommen. Zum Schluß hochgeehrter Herr Kapellmeister darf ich Ihnen noch sagen, daß unsere Verlobung strenges Geheimniß, da sowohl Mama wie auch ich den festen Wunsch haben, erst im Besitz einer guten, festen und gesicherten Stellung zu sein; und indem ich nochmals Ihre Verzeihung erbitte, verbleibe ich mit unsern allerbesten Grüßen und Empfehlung an Sie und Ihre verehrte Frau Gemahlin

mit ganz besonderer Hochachtung und Dankbarkeit
Ihr gehorsamer
Fritz Schmidt.



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schmidt an Spohr, 27.02.1855. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schmidt an Spohr, 17.02.1856.

[1] Bernhardine Hildebrand, später verh. Schmidt.

[2] Bernhardine Hildebrand-Romberg.

[3] „mir“ über der Zeile eingefügt.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (08.07.2020).