Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Naumburg a/Saale d. 20 Novbr. 1854.
Ew. Wohlgeboren
wollen es als einen Akt der innigsten Verehrung und aufrichtigsten Hochachtung, – welche ich Ihnen, von ganzem Herzen, für die musikalischen Produktionen, mit denen Sie mich und so viele Andere hocherfreut und entzückt haben, zolle, - ansehen; wenn ich es wage, Ihnen beikommend, durch die J. Luckhardsche Hofbuch- und Musikhandlung daselbst, ein, eben in meinem, nur zum Besten milder Stiftungen beabsichtigten Verlage, in Clavier-Auszuge nebst Stimmen erschienenes Oratorium, „die Todtenfeier“ zur geneigten Prüfung und gefälligen offenen brieflichen Beurtheilung zu sende.
Die beigeschlossene Bekanntmachung, so wie der Verlags-Catalog, giebt Ihnen nähere Auskunft über mein Wirken in dieser Hinsicht; und ich bemerke blos nachträglich: daß der einen meiner Stiftungen: „dem Landstifte“ 1848. noch 3000 Rth. – von meinen 3 Neffen geschenkt worden sind1, und seitdem 33 Familien und alte Leute (über 100 Köpfe stark) in dem von mir zu diesem Behufe errichteten Gebäude, gesunde, freundliche und billige Wohnung haben. Daß ich außerdem noch die Absicht habe, durch Text und Musik, namentlich meiner Compositionen religiösen Inhalts, auf das Gemüth und die Erbauung der Hörer guten2 Einfluß zu gewinnen, besagt das Vorwort meiner „Todtenfeier“ und das meiner herausgegebenen Lieder-Sammlungen.
An die obgenannte Buchhandlung, habe ich noch Op. 17. 19. & 20 gesendet. Op. 17. und 18. des Verlags-Catalogs, sind Ihre Majestäten, dem König und der Königin, Op. 20, dem berühmten Cölner Männer-Gesang-Verein3 gewidmet; und Erstere mit Allerhöchst eigenhändig unterzeichneten Dankschreiben beehrt worden. Ihre Maj. die Königin hat sich besonders freundlich, über die Todtenfeier, nach Empfang eines Exemplars, ausgesprochen, und dieselbe als ein „gelungenes Werk“ zu bezeichnen gewürdigt. Höchst erfreulich war es mir, von der Direction des Cölner Vereins sowohl über Text als Composition des „Rheinlieds“4 ein eben so herzliches als als5 schmeichelhaftes Dankschreiben zu erhalten. Es war dies mit über meine Erwartung und mir besonders wohlthuend, da es von Kunstverständigen ausgegangen ist, die in der Auswahl für ihre Productionen wohl etwas penibel sein dürften.
Bei etwa mehr Zeit, werde ich die Instrumentirung des Orchesters der Todtenfeier, – welche, wie Sie aus dem Vorworte ersehen, bereits zweimal hier aufgeführt worden ist, – nochmals genau revidiren um für weitere Aufführungen zu milden Zwecken vorbereitet zu sein.
Sollten es Ew. Wohlgebohren der Mühe werth finden, die der Luckhardt’schen Hofbuchh. eingesandten Hefte mit Ihrer Durchsicht beehren zu wollen, so ist dieselbe von mir beauftragt Ihnen solche auszuhändigen. – Im Fall indessen jene Firma sich das Oratorium von Ihnen einmal zur Ansicht ausbitten sollte, so wollen Sie es derselben geneigtest hierzu aushändigen.
Wenn Sie die gelegentliche Prüfung beendigt haben, und mir dann Ihre verehrte Meinung offen darüber aussprechen wollten; würde ich, solche, von einem so hochgeschätzten Veteran und Meister der Töne, – falle sie aus wie sie wolle, mit großen Dank aufnehmen. Das Schreiben meiner Königin hat mich insofern etwas beruhigt: als ich glauben muß, daß mein Streben doch nicht ganz werthlos gewesen ist. Die Versicherung meiner innigsten Hochachtung noch beifügend
empfiehlt sich Ew. Wohlgebohren
ganz ergebenst
Carl Overweg.
Autor(en): | Overweg, Carl |
Adressat(en): | Spohr, Louis |
Erwähnte Personen: | |
Erwähnte Kompositionen: | Overweg, Carl : Lieder, Bar Kl, op. 19 Overweg, Carl : Lieder, Mch, op. 17 Overweg, Carl : Lieder, Mch, op. 20 Overweg, Carl : Lieder, Mch Kl, op. 11 Overweg, Carl : Die Totenfeier, op. 18 |
Erwähnte Orte: | Naumburg an der Saale |
Erwähnte Institutionen: | |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1854112046 |
Spohrs Antwortbrief vom 17.12.1854 ist derzeit verschollen.
[1] August, Gustav und Otto Overweg (vgl. Emil Kraatz, Aus dem Leben eines Bürgermeisters und der von ihm in den letzten 37 Jahren verwalteten Städte, Leipzig 1914, S. 362).
[2] „guten“ über der Zeile eingefügt.
[3] „Männer-“ über der Zeile eingefügt.
[4] „Lied vom deutschen Rhein“, op. 11.
[5] Sic! (Wortwiederholung).
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (29.03.2022).