Autograf: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig (D-LEsta), Sign. 21070 C.F. Peters, Leipzig, Nr. 850, Bl. 261f.
Druck: Horst Heussner, Die Symphonien Spohrs, Phil. Diss. Marburg 1956, Anh. S. 55f. (teilweise)

Cassel den 30sten
Sept. 1854.

Hochgeehrter Herr,

Beykommend sende ich Ihnen die Partitur der Sinfonie, die des Septett’s, und das Arragement desselben von Herrn Hermann zurück. Die Partitur der Sinfonie ist von Ihrem Correktor sehr gründlich nachgesehen worden, und ich habe keine Fehler mehr gefunden. Im Scherzo ist einmal, warscheinlich von mir, die Tempobezeichnung vergessen worden; der Correktor hat sie aber bereits mit Bleistift bezeichnet. Dieß wäre nun noch in der Platte nachzutragen. Bey einem solchen sorgfältigen Correktor brauchen Sie die Stimmen mir vor dem Abdruck nicht zuzusenden. Sehr erwünscht wäre es mir aber, wenn Sie mir recht bald einen Abdruck der Partitur und der Stimmen der Sinfonie zusenden könnten, indem ich sehr wünsche, sie im ersten unserer Abonnemet-Concerte, die Ende October oder Anfang November beginnen, aufführen zu können. Sie würden mich sehr verbinden, wenn Sie mir bey diesem Exemplar die Violin- und Baß-Stimmen 4 fach und die Bratschen 2 fach zusenden wollten.
Das Arrangement des Septett’s ist geschickt und umsichtig gemacht und ich habe nichts zu ändern gefunden, als eine Stelle im Pastorale, wo ich die beyden Violinen1 eine Octave höher gelegt wünsche. Dieß Arrangement wird allen musikalischen Zirkeln, die die Blasinstrumente nicht, oder doch nicht gut haben können, sehr gelegen kommen. Sollten Sie die ausgeschriebenen Quartettstimmen besitzen, so mögte ich sie wohl im Laufe des Winters einmal haben, um das Septett in dieser Gestalt in unsern Musikpathien vorführen zu können.
Die Begleitungsstimme zu den Fiorillo’schen Etuden habe ich vollendet, und bin jetzt beschäftigt, sie den Etuden unterzulegen. Um diese correckt in den Modulationen und Rhytmen zu machen, war ich genöthigt manches abzuändern, ja einige habe ich sogar nach der ursprünglichen Idee neu schreiben müssen. Bey dieser Gelegenheit habe ich dann auch einiges Veraltete in den Melodien und Verzierungen beseitigt. Ich werde sie nun nach vollendeter Abschrift, nach meiner Schule in den Stricharten, Applikaturen und der Vortragsweise genau bezeichnen, dann eine Vorrede dazu schreiben, und Ihnen das Manuscript etwa Ende October zusenden.
Ein Flötist aus Oldenburg2 schickte mir vor einiger Zeit ein Arrangement des 1sten Satzes meines 11ten Violinconcerts zur Ansicht zu3, und bat mich nun, als er vor einigen Tagen durch Cassel kam, Ihnen dasselbe zur Herausgabe zu empfehlen. Die Prinzipalstimme dieses Satzes läßt sich unverändert bequem auf der Flöte blasen, und da die Orchesterparthie so wie auch das Clavierarrangement unverändert bleiben können, so glaube ich, würden Sie den Flötisten, die arm an guten4 Solosachen sind, in der That einen Gefallen erzeigen, wenn Sie eine Flötenstimme dieses Satzes abdrucken ließen, und die Orchesterbegleitung, nach den vorhandenen Platten abgedruckt, dazu gäben. Es wäre dann nur der Stich der Flötenstimme nebst Titel erforderlich.
Schlüßlich sage ich für die überschickten Novitäten meinen besten Dank.
Hochachtungsvoll

ergebenst
Louis Spohr5



Dieser Brief ist die Antwort auf Böhme an Spohr, 27.09.1854. Böhme beantwortete diesen Brief am 10.10.1854.

[1] Hier gestrichen: „um“.

[2] C. Müller (Vorname bislang nicht aufgelöst). 1855 erschien bei Peters der erste Satz aus Spohrs Violinkonzert op. 70 in C. Müllers Bearbeitung für Flöte und Orchester (vgl. Folker Göthel, Thematisch-bibliographisches Verzeichnis der Werke von Louis Spohr, Tutzing 1981, S. 121).

[3] Dieser Brief ist derzeit verschollen

[4] Hier gestrichen: „Orchester“.

[5] Auf der letzten Seite des Briefes befinden sich von anderer Hand der Eingangs-und Antwortvermerk des Verlags: „ Cassel, d. 30 Septbr. 1854 / L. Spohr / empf. d. 2 Oct. / beantw. '' 10 do.“

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (27.03.2017).