Autograf: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig (D-LEsta), Sign. 21070 C.F. Peters, Leipzig, Nr. 850, Bl. 259f.

Herrn C.F. Peters
Bureau de Musique
in
Leipzig.1


Cassel den 9ten August,
1854.

Hochgeehrter Herr,

Ihr Wunsch, daß ich die Etuden von Fiorillo durchsehen soll, bevor Sie eine neue Ausgabe davon veranstalten, hat mich auf eine Idee gebracht, die ich Ihnen im folgenden mittheilen will.
Diese Übungen habe ich in meiner Jugend mit großem Vergnügen und bedeutendem Nutzen gespielt, und sie verdienen allerdings der Vergessenheit entzogen zu werden. Auch hätte ich sie in neuerer Zeit beym Unterricht gern gebraucht, wenn sie mit einer Begleitungsstimme für den Lehrer versehen gewesen wären. Eine solche ist nämlich beym Unterricht durchaus erforderlich, damit der Lehrer den Schüler in reiner Intonation und strenger Takteintheilung erhalten kann. Da ich nun von den vielen Lehrern, die nach meiner Schule unterrichten, wiederholt aufgefordert bin, die Übungen meiner Schule zu vermehren, und sie als einen Anhang zu derselben herauszugeben, so bin ich auf den Gedanken gekommen, diese Etuden von Fiorillo, die neben ihrem Instructiven auch eine gute musikalische Form haben, nach der Methode meiner Schule in Stricharten und Applicaturen neu zu bezeichnen, sie mit einer Begleitungsstimme für den Lehrer zu versehen, und sie dann als einen Anhang meiner Schule zur Vermehrung der Übungen herauszugeben. Sind Sie mit dieser Idee einverstanden, so würde es2 zunächst darauf ankommen, ob Sie die Platten der mir vorliegenden Ausgabe noch besitzen, und bey der neuen Ausgabe zu benutzen gedenken. Dann könnte d[ie] neue Bezeichnung der Stricharten und Aplicat[u]ren in die alten Platten hineincorrigirt werden, und es könnte die Begleitungsstimme für den Lehrer besonders gedruckt werden. Besser wäre es freilich, wenn die Stimmen, wie in meiner Schule, unter einander ständen weil dann der Lehrer durch Nachlesen der Stimme des Schülers diesen besser beaufsichtigen und leiten kann.
Ich sehe nun über dieses, so wie über den ganzen Vorschlag Ihrer Ansicht entgegen, wünsche aber auch, im Fall Sie ihn acceptiren, zu wissen, wie bald Sie wohl die neue Ausgabe zu veranstalten gedenken? Bey meinen vielen Geschäften würde ich wohl nicht viel vor Neujahr mit der vorgeschlagenen Arbeit fertig werden können! –
Den Clavierauszug der 8ten Sinfonie hat meine Frau mit ihrer Schwester3 durchgespielt. Er ist nicht ganz leicht, aber doch bequem zu spielen, und giebt, was die Hauptsache ist, die Sinfonie getreu wieder, so viel es durch einen Clavierauszug geschehen kann.
Mit aller Hochachtung

Ihr ergebener
Louis Spohr

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Böhme, Carl Gotthelf Siegmund
Peters
Erwähnte Personen: Pfeiffer, Caroline
Spohr, Marianne
Erwähnte Kompositionen: Fiorillo, Federigo : Etüden, Vl, op. 3
Spohr, Louis : Etüden, Vl 1 2, WoO 47
Spohr, Louis : Sinfonien, op. 137
Spohr, Louis : Violinschule
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1854080920

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Böhme an Spohr, 04.08.1854. Böhme beantwortete diesen Brief am 11.08.1854.

[1] Über dem Adressfeld befindet sich von anderer Hand der Eingangsvermerk des Verlags: „ Cassel d. 9 Aug. 1854. ./ L. Spohr / empf. / beantw. d. 10 do “.

[2] Hier gestrichen: „sich“.

[3] Caroline Pfeiffer.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (24.03.2017).