Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Sr Wohlgeboren
dem Herrn Generalmusikdirector
Dr. Spohr
in
Cassel.

frei.


Hochverehrter Freund!

Sie werden mit Recht nicht die beste Meinung von mir haben, daß ich Ihnen auf Ihr so freundliches Schreiben zu meinem Jubiläum noch nicht geantwortet habe, allein ich hatte mir im vergangenen Spätherbst vorgenommen eine kleine Reise zu unternehmen und da sollte dann das Ziel Cassel sein, leider aber wurde mir diese Freude durch mancherlei Hindernisse vereitelt.
Empfangen Sie daher zwar sehr spät, aber doch von ganzem Herben für Ihre mir erhaltenen freundlichen Gesinnungen meinen wärmsten und aufrichtigsten Dank.
Um allen Gratulationen u.d.gl. zu meinem Jubiläum auszuweichen, hatte ich schon ein paar Tage zuvor eine kleine Reise angetreten, demohngeachtet aber wurde ich bei meier Zurückkunft durch die vielen Beweise von Güte und Wohlwollen auf das angenehmste überrascht.
Vorzüglich wurde ich vom Durchlauchtigsten Fürst auf die gnädigste Weise ausgezeichnet. Derselbe hatte nicht allein dieserhalb einen Orden gestiftet welcher mit diesem Tage ins Leben trat und womit ich zuerst decorit ward, sondern es wurde mich auch noch besonders der Rang eines Fürstlichen Raths damit verliehen.
Auch die Mitglieder der Fürstlichen Capelle erfreuten mich mit einem verbindlichen Schreiben und einem sehr schönen silbernen Taktirstab, und die Militärmusik überraschte mich noch den Morgen nach meiner Zurückkunft mit einer sollenen Morgenmusik.
Da ich von allen diesen vielen Beweisen freundlicher Theilnahme keine Ahnung hatte, so wurde ich dadurch um so mehr ergriffen weil sich auch seit dem Jahre 1848 die freundlichen und geselligen Verhältnisse leider sehr zum Nachtheil unseres lieben Rudolstadt geändert haben, ich aber bei dieser Veranlassung von neuen die Ueberzeugung gewonnen habe, daß trotz dieser traurigen Verhältnisse die alten bewährten Freunde doch dieselben geblieben sind.
Mit der herzlichsten Bitte, mir daher Ihr gütiges und freundliches Wohlwohllen auch ferner erhalten zu wollen und dem Wunsche, daß Ihnen diese Zeilen recht wohl treffen mögen, zeichnet sich mit der größten Verehrung und Liebe

Ihr
ergebenster
FMüller.

Rudolstadt
den 19. Febr.
1854.

Autor(en): Müller, Friedrich
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Friedrich Günther Schwarzburg-Rudolstadt, Fürst
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Rudolstadt
Erwähnte Institutionen: Hofkapelle <Rudolstadt>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1854021943

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Spohr an Müller, 23.05.1853.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (06.07.2020).