Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Kopierbuch: Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Leipzig (D-LEsta), Sign. 21070 C.F. Peters, Leipzig, Nr. 5028, S. 564f.

Herrn Dr. Louis Spohr,
Hof-Kapellmeister & General-Musikdirektor
in
Cassel.

Franco.
Nebst Packet in Pappe, sig. H.L.S. #1. Werth 50 Rth. -


Sr. Wohlgeb. dem Herrn General Musik Director
und Hofkapellmeister Dr. L. Spohr
in Cassel

Leipzig den 7ten Januar. 1854.

Heute kann ich nun das Vergnügen haben Ihnen beifolgend franco, 3 Exemplare des neuen Klavierauszuges von Faust zu übersenden und darf hoffen daß solcher Ihren ganzen Beifall erhalten wird.
Wenigstens habe ich weder Mühe noch Kosten gescheuet und das klassische Werk, welches Ihren Ruhm für spätere Zeiten anerkannt erhalten und uns Alle überleben wird, würdig auszustatten. Ein so herausgearbeitetes Tittelblatt, ist bis jetzt noch auf keinem Klavierauszug erschienen.
Dürfte ich Sie wohl ersuchen, mir die Arie No 161, wozu mir noch die Orchesterstimmen fehlen, ebenfalls mit Orchester2 zum Stich zu überlassen. Ich glaube für Conzerte würde sich diese neue große Arie besonders eignen.
Dann bin ich so frei Ihnen meinen ergebenen Wunsche anzutragen, die mit meinem ehrenwerthen Geschäftsvorgänger bestandene Geschäftsverbindung auf mich theilweise zu übertragen. Zwar gehören die jetzigen Zeiten unsrer Branche nicht mehr zu deren lucratifen, wie vormals dennoch aber will der reelle Verleger, gern etwas gediegenes produciren und dafür gern dankbar sein.
Hätten Sie z. B. conzertirende Salon-Stücke (für Pianoforte & Violine, – oder wären Sie geneigt, noch einige Hefte Violinduetten zu schreiben, jedoch für Dilettanten ausführbar, also nicht so schwierig als Ihre Opus 3 u.s.w., so würde ich mit Vergnügen solche zum Verlag übernehmen.
Ich bin noch im Besitz eines vollständigen Opernbuches von Kind (Verfasser des Freischütz) welches ich von den Erben theuer an mich brachte, aber noch keine Gelegenheit fand, es passend zu placiren.3 Eine etwas abgeänderte Textbearbeitung hat mein hiesiger Freund: der dichterische Jurist Herr Advokat Julius Franke damit vorgenommen und ich bin so frei Ihnen beide Bücher zur Durchsicht beizulegen.
Das ganze ist nach einer Erzählung Byron's bearbeitet; – das Sujet läßt viele neue effectvolle Scenen zu, besonders müßte das Ende in einer von Feuer erleuchteten großen Tropfsteinhöhle großartigen Eindruck hervorbringen.
Ich bin neugirig Ihre Meinung, womit es nicht pressirt, s.Z. darüber zu vernehmen.
Mich kostet das Buch nebst der Bearbeitung von Franke circa 200 Rth., würden Sie es zum componiren für sich geeignet finden, so erlasse ich es Ihnen für die Haelfte, – würde mir aber den Vorzug von Ihnen ausbitten zum Verlag, wenn es besonders eine gangbare Oper für deutsche Bühnen werden könnte.
Mit ausgezeichneter Hochachtung Ihr ganz ergebener

C.F. Peters
Böhme

N.S. Noch erlaube ich mir, Ihnen die Ausgabe des Potpourri op. 59 mit Pianoforte-Begleitung beizulegen, wünschend, daß auch diese Ihren Beifall finden möge.
Vom Kind'schen Operntext lege ich auch die ursprüngliche Originalhandschrift bei, so daß Sie 3 Exemplare desselben empfangen. Es sey noch bemerkt, daß es mit der Durchsicht durchaus keine Eile hat.
Zum Schluß sage ich noch meinen ergebensten Dank für die so freundliche Gewährung meiner Bitte, eine Gratulation zu Hrn. Böhme's Geschäftsjubiläum betreffend. Sie haben dadurch wirklich unerwartete und große Freude verursacht!

Mit größter Hochachtung empfiehlt sich Ihr
ergebenster Verehrer
Aug. Whistling.

Nach der Ablehnung des Hrn. Georgy war es mir geglückt einen jungen talentvollen talentvollen Künstler: Herrn Adrian Brandt zur Zeichnung des Faust-Titels zu gewinnen, was um so besser, als Georgy eigentlich Landschaftsmaler ist.


Leipzig den 7 Janr. 1854

Hochverehrter Herr!

Noch fühle ich mich besonderß gedrungen(?) nun(?) meinen ergebensten Dank darzubringen für Ihren Glückwunsch und wohlwollende Aufmerksamkeit zum 25 Jährigen Jubiläum meines Besitzes des Musikaliengeschaefts unseres seeligen gemeinschaftlichen Freundes, meines ehemaligen Vorgängers!4
Ich fand mich dadurch aufs angenehmste überrascht, da von so vielen Seiten die freundlichsten Wünsche unerwartet eintrafen, denn ich selbst hatte an die Wichtigkeit und daß ich vor 25 Jahren Besitzer des Geschäfts geworden war, nicht im mindesten gedacht. Sie können sich also meine freudigen Gefühle denken, als sich gamz unerwartet streich 7 Uhr mein sämmtliches Personal in meiner Sommerwohnung zu Connewitz nebst, meiner kleinen guten Hauskapelle zur Beglückwünschung einfand und auch einige Sachen vorgetragen wurden.
Unter den Anwesenden, war [???] mein vieljähriger Freund, der Ihnen wohlbekannte Herr Leede, früher Geschäftsführer von Peters und in gleicher Eigenschaft eine Reihe von Jahren bei mir.
Empfangen Sie also nochmals meinen innigsten Dank!
Unbezweifelt führet Sie im nächsten Sommer Ihre Reisetour doch einmal wieder über Leipzig – ! Ich bitte Sie angelegentlichst mich dann mit Ihrem geschätzten persönl. Besuch nicht zu übergehen, es soll mir zur Freude, zum Vergnügen gereichen Sie in meiner Behausung [???] zu sehen.
Mein Freund Kalliwoda wird mich zum nächsten Sommer Anfang auf 4 Wochen besuchen es wäre herrlich wenn Sie zu gleicher Zeit Zeit hier sein könnten. Steht Ihnen nicht entgegen so zeige ich es Ihnen s. Z.(?) an, wenn ich erst bestimmt weiß zu welcher Zeit Sie selben antreffen würden.
Mit ausgezeichneter Hochachtung

Ihr ganz ergebener
Carl Böhme



Dieser Brief ist die Antwort auf Spohr an Whistling, 05.10.1853. Spohr beantwortete diesen Brief am 13.01.1854 an Böhme.

[1] „ Arie No 16“ über einem gestrichenen Wort eingefügt.

[2] mit Orchester“ am Rand eingefügt.

[3] Die Braut auf Malavai (vgl. Böhme an Spohr, 16.01.1854 sowie „Für Operncomponisten“: in: Allgemeine muskalische Zeitung 45 (1843), Sp. 594: „Da die Klage über Mangel an guten Opernbüchern noch immer ziemlich allgemein ist, so dürfte manchen Operncomponisten die Nachricht willkommen sein, dass sich in dem literarischen Nachlasse des am 25 Juni d.J. verstorbenen Dichters des Freischützen, Friedrich Kind, zwei vollständig ausgearbeitete Opernbücher befinden; das eine führt den Titel: 'Die Unterirdischen', das andere: 'Die Braut auf Malavai oder die Südseefahrer' (nach Capitän Bligh und Byron).“).

[4] Carl Friedrich Peters

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (24.03.2017).

Cassel
L. Spohr.
7 Jan. 54.

Heute kann ich nun das Vergnügen haben Ihnen beifolgend franco 3 Exemplare des neuen Klavierauszuges von Faust zu übersenden und darf hoffen daß solcher Ihren ganzen Beifall erhalten wird. Wenigstens habe ich weder Mühe noch Kosten gescheut, um das klassische Werk, welches Ihren Ruhm für spätere Zeiten anerkennt, erhalten und uns Alle überleben wird, – würdig auszustatten. Ein so fein ausgearbeitetes Tittelplatt ist bis jezt noch auf keinem Klavierauszug erschienen. Dürfte ich Sie wohl ersuchen, mir die Arie No. 16, wozu mir noch die Orchesterstimmen fehlen, zum Stich zu überlassen? Ich glaube für Concerte würde sich diese neue große Arie besonders eignen. Dann bin ich so frei Ihnen meinen ergebenen Wunsch vorzutragen, die mit meinem ehrenwerthen Geschäftsvorgänger bestandene Geschäftsverbindung auf mich theilweise zu übertragen. Zwar gehören die jetzigen Zeiten unserer Branche nicht mehr zu denen lucratifen, wie vormals, dennoch aber will der reelle Verleger gern etwas gediegenes produciren und dafür gern dankbar sein. Hätten Sie Z. B. concertirende Salon-Stücke zu schreiben, oder wären Sie geneigt noch einige Hefte Violin-Duetten zu schreiben, jedoch für Dilettanten ausführbar, also nicht so schwierig als ihre op. 3 u.s.w., so würde ich mit Vergnügen solche zum Verlag übernehmen.
Ich bin noch im Besitz eines vollständigen Opernbuches von Kind, (Verfasser des Freischütz) welches ich von den Erben theuer an mich brachte, aber noch keine Gelegenheit fand, es passend zu placiren. Eine etwas abgeänderte Textbearbeitung hat mein hiesiger Freund: der dichterische Jurist H. Adv. Jul. Franke damit vorgenommen und ich bin so frei Ihnen beide Bücher u. das Originalmanuscript zur Durchsicht beizulegen. Das ganze ist nach einer Erzählung Byron's bearbeitet; – das Sujet läßt viele neue effectvolle Scenen zu, besonders müßte das Ende in einer von Feuererleuchteten großen Tropfsteinhöhle großartigen Eindruck hervorbringen. –
Ich bin neugirig Ihre Meinung – womit es nicht pressirt s. Z. darüber zu vernehmen. Mich kostet das Buch nebst der Bearbeitung von Franke circa 200 Rth., würden Sie es zum componiren für sich geeignet finden, so lasse ich es Ihnen für die Hälfte, – würde mir aber den Vorzug von Ihnen ausbitten zum Verlag, wenn es besonders eine gangbare Oper für deutsche Bühnen werden könnte.
Mit ausgezeichneter Hochachtung Ihr ganz ergebener

N.S. Noch erlaube ich mir, Ihnen die Ausgabe des Potpourri op. 59 mit Pianoforte-Begleitung beizulegen, wünschend, daß auch diese Ihren Beifall finden möge.

Dank für Jubiläumsschreiben &c. apart.