Autograf: Biblioteka Jagiellońska Kraków (PL-Kj), Sign. Korrespondencja Schumanna, Bd. 26/1, Nr. 4597
Druck 1: Wolfgang Boetticher, Robert Schumann. Einführung in Persönlichkeit und Werk. Beiträge zur Erkenntniskritik der Musikgeschichte und Studien am Ausdrucksproblem des 19. Jahrhunderts, Berlin 1941, S. 276 (teilweise)
Druck 2: Julia M. Nauhaus, Musikalische Welten. Clara und Robert Schumanns Verbindungen zu Braunschweig, Sinzig 2010, S. 167f.
Sr. Wohlgeb.
Herrn Musikdirector
Robert Schumann
in
Düsseldorf.
Cassel den 19ten Decemb.
1852.
Hochgeehrter Herr Musikdirector,
Als ich vor drittehalb Jahren von der Reise zurückkehrte, auf der ich die Freude hatte, Ihre Oper in einigen Proben zu hören, empfahl ich sie sogleich unserm Herrn Intendanten1 für unser Repertoir, und ich habe seitdem einige Male an sie erinnert. Nun ist es leider, seit wir eine Intendanz besitzen, bey uns Gebrauch geworden, daß alle Jahr nur eine neue Oper in Scene gesetzt wird, und zwar am Geburtstage des Kurfürsten, wo er dann selbst eine von den ihm vorgeschlagenen auswählt.
Damals war der Prophet, der unvermeidliche von ihm gewählt worden, das Jahr darauf befahl er die herzogliche Oper Cassilde in Scene zu setzen; und am letzten Geburtstage haben wir die von Kreutzer hinterlassene Oper Aurelie gegeben, die zwar ganz gut ist, sich aber eben so wenig wie Cassilda auf dem Repertoir hat erhalten können. Ich habe nun, nach Empfang Ihres lieben Briefes, dem Herrn Intendanten für den nächsten Geburtstag Ihre Oper von neuem vorgeschlagen und ihm, damit er das Buch kennen lerne, den Clavierauszug übergeben. Er hat mir versprochen beym Kurfürst die Wahl derselben zu befürworten, und so habe ich denn endlich Aussicht, Ihr Werk hier in Scene setzen zu können. Zwar hat der Intendant, der die Leipziger neue Musikzeitung liest, und auf den die Propaganda, die in derselben jetzt für Richard Wagner gemacht wird, nicht ohne Wirkung geblieben ist, auch von dem „Tannhäuser“ gesprochen, doch glaube ich nicht, daß der Kurfürst gestatten wird, daß eine Oper von dem „Maiinsurgenten“ wie ihn die Casseler Zeitung nennt, auf seinem Hoftheater gegeben wird.
Sobald ich etwas Näheres weiß, werde ich Sie sogleich in Kentniß setzen. Bis dahin gestatten Sie mir wohl den Clavierauszug hierzubehalten? -
Unter herzlichen Grüßen an Ihre Frau Gemahlin von mir und meiner Frau, mit wahrer Hochachtung ganz
der Ihrige
Louis Spohr.
NS. Beym Durchlesen des Briefes bemerke ich, daß ich mich in der Folge der Opern geirrt habe; Aurelia wurde ein Jahr früher wie Cassilda gegeben.
Autor(en): | Spohr, Louis |
Adressat(en): | Schumann, Robert |
Erwähnte Personen: | Friedrich Wilhelm Hessen-Kassel, Kurfürst Heeringen, Josias von |
Erwähnte Kompositionen: | Ernst II. Sachsen-Coburg und Gotha, Herzog : Casilda Kreutzer, Conradin : Aurelia Meyerbeer, Giacomo : Le prophète Wagner, Richard : Tannhäuser |
Erwähnte Orte: | Kassel |
Erwähnte Institutionen: | Hoftheater <Kassel> |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1852121911 |
Dieser Brief ist die Antwort auf Schumann an Spohr, 13.12.1852. Der nächste Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Schumann, 05.02.1853.
[1] Josias von Heeringen
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (02.11.2018).