Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Herrn General Musikdirector Dr. Spohr.
Ritter mehrerer Orden. Hochwohlgeboren
Cassel.

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Sehr verehrter Herr Kapellmeister,

daß Sie und unsre liebe Frau Kapellmeister wieder glücklich in Ihrer lieben Heimat zurück gekehrt sind, habe ich mit vieler Freude von mehreren unserer Freunden erfahren, und haben wir nur bedauert nicht noch einige Tage länger verweilen zu können, um dieselben in Ihrer freundlichen Nähe zubringen zu können. Wie schmerzlich werden wir Sie bei unsrer nächsten Anwesenheit in London vermissen. Möchte Ihnen der Ruhm, Ihrer überall mit so großem Beifall aufgenommenen Jessonda, doch noch etwas mehr am Herzen liegen, um dem Wunsche Aller zu genügen dieselbe auch in London unter Ihrer Leitung zur Aufführung zu bringen, so würde uns ein Hoffnungsstrahl leuchten, in der Aussicht daß Sie Ihren Besuch im nächsten Jahr wiederholen, nur dürfte dies nicht auf Kosten Ihrer Gesundheit geschehen, und steht auch wohl nicht so bald ein so heißer Sommer wieder zu erwarten.
In unserm lieben Schwenke2 haben Sie einen wahren Freund und warmen Verehrer verloren, doch war ihm die Ruhe zu können, er hatte zu viel gelitten. Der Sohn hatte die Absicht gleich nach dem Tode an Sie zu schreiben, und so haben Sie durch ihn selber die Todesnachricht bekommen3, hoffentlich folgt der junge Schwenke seinem Vater in seinem Amte, das Versprechen hat er, doch fehlt noch die Bestätigung
Wir können mit unsern musikalischen Einrichtungen für diesen Winter noch gar nicht zu Stande kommen, ich wünschte daß Bernhard sich sollte an verschiedenen Orten hören lassen, und habe mich nach Bremen gewand, aber noch keine zusagende Antwort erhalten, ohne daß es grade abgeschlagen wäre. Moscheles hat in Leipzig angefragt und noch gar keine Antwort erhalten, auch schrieb ich an Conzertmeister Ries, dort scheinen die Aussichten am Schlechtesten zu sein. Ihrer freundlichen Zusage zufolge, mein lieber Herr Kapellmeister, erlaube ich mir Sie zu bitten, ob Sie den Bernhard nicht in Leipzig empfehlen möchten, ein Wort von Ihnen genügt überall, einem die freundlichste Aufnahme zu sichern, besonders wenn Sie sagen daß Sie sich für den jungen Menschen wie für das Talent Ihres Schülers interessieren, ich hätte es so gern gesehen wenn Bernhard im November oder in den ersten Tagen des Dezembers dort hätte spielen können, und habe früh genug dazu gethan, höre jetzt daß bis zum 2n Dezember alles arrangiert ist. Vielleicht aber ließe sichs doch noch so einrichten, wenn nur Bernhard, der noch so wenig bekannt ist, gut empfohlen wird.4 Wir müssen dann jedenfalls nach London, da B. Militairpflicht heran naht, und ich versuchen will, ihn frei zu bekommen, mir kömmt das Weihnachtsfest fast zu nah, wenn er erst so spät in Leipzig spielt. Im Januar soll er hier ein Conzert geben. Rietz dirigiert die Gewandhausconzerte nicht in diesem Winter, die erste Hälfte leitet David, die zweite wie es heißt, Gade. Man vermuthet aber daß David sie alle dirigieren wird. Zürnen Sie mir nicht daß ich immer wieder unbescheiden bin und Ihre Güte in Anspruch nehme, der Anfang ist doch gar nicht so schwer, und ohne Hülfe so lieber Freunde will garnicht gehen. Möchte ich mich in meinen Hoffnungen mit London nicht getäuscht sehen, Ende Februar kehren wir dorthin zurück, jedenfalls müssen wir einen zweiten Versuch wagen.
Ihrer sehr lieben Frau Gemahlin meinen aller herzlichst[en]5 Gruß, so lassen sich auch meine Mutter und meine Kin[der] Ihnen beiderseits bestens empfehlen.
Hochachtungsvoll zeichnet

Ihre
ganz ergebene
B. Hildebrand geb. Romberg

Hamburg d 6n November
1852.

Autor(en): Hildebrand-Romberg, Bernhardine
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen:
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Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1852110643

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Hildebrand-Romberg an Marianne Spohr, um den 18.06.1852. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Hildebrand-Romberg an Louis Spohr, 23.07.1853.

[1] Auf dem Adressfeld befindet sich rechts oben der Poststempel „HAMBURG / 6 / 11 / [???]“, auf der Rückseite des zusammengefalteten Briefumschlags die Stempel „D.2 / 8/11“ und „CASSEL / 8 / NOV / 1852 / 8-8½ V“.

[2] Johann Friedrich Schwencke starb am 28.09.1852.

[3] Friedrich Gottlieb Schwencke an Spohr, 04.10.1852.

[4] Vgl. Spohr an Ferdinand David, 09.11.1852.

[5] Textverlust durch Siegelausriss.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (16.02.2024).