Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Sr. Wohlgeboren
Herrn General-Musikdirektor
Dr Louis Spohr
in
Cassel.

d.f.


Hochverehrter Meister!

Meinen letzten Brief werden Sie erhalten haben, nachdem Sie von England zurückgekehrt sind, wo Sie gewiß wieder die großartigsten Triumphe gefeiert haben, in einem Lande wo man Sie so hoch verehrt. Es wäre mir äußerst angenehm, wenn Sie mir einige Notizen schicken würden über Ihren dortigen Aufenthalt, welche ich dann mit Ihrer Erlaubniß in der Süddeutschen mus. Zeitung welche bei Schott in Mainz erscheint, veröffentlichen würde.1 Verkennen Sie nicht die Absicht, die ich mit dieser Bitte verbinde. Ich weiß, Sie sind nicht eitel auf einen Zeitungsartikel und würden auch keinen Federstrich darum machen. Könnte das auch noch Ihren Namen und Ihren Ruhm erhöhen? Ich würde diese letzte Reise darum gern veröffentlicht sehen, um Ihren weit verbreiteten Verehrern und Schülern einmal wieder eine Neuigkeit von Ihnen zu geben, was jedem gewiß die größte Freude machen würde.
Sie kennen meine aufrecht Liebe zu Ihnen, verehrter Meister, und nehmen mir deßhalb meine Bitte nicht überl.
Aber noch eine andere Bitte ist die Absicht meines jetzigen Schreibens. Ich beabsichtige nämlich mit einem hiesigen Verein2 zum Besten der Überschwemmten Ihr Oratorium: „die letzten Dinge“ aufzufühen. Seit einigen Wochen wird bereits schon daran studirt. Wir haben3 schon an mehrere Vereine und Musikalienhandlungen geschrieben, um die Partitur und Orchesterstimmen zu erhalten, aber überall ohne Erfolg, was uns zu dem Gedanken kommen läßt, daß dieselben nicht gedruckt erschienen sind. Ich ersuche Sie daher, uns doch die Partitur und die Orchesterstimmen zukommen zu lassen, damit wir Ihr Werk würdig aufführen können. Wenn Sie mir Ihre Originalpartitur schicken wollen, so brauchen Sie dieses Mal nicht zu fürchten, daß Sie Ihnen wieder abhanden kommen, wie vor mehreren Jahren4; ich werde sie5 Ihnen unversehrt wieder zustellen. Wollen Sie gefälligst dann das Paket nur an meine unten stehende Adresse schicken.
Ich freue mich außerordentlich von Ihnen einige Zeilen und hoffe, daß Sie mir die besten Nachrichten über Ihre und Ihrer Frau Gemahlin Gesundheit geben werden.
Leben Sie wohl, hochverehrter Meister und sein Sie versichert, daß keiner Sie mehr liebt und ehrt, als

Ihr
ewig dankbarer
Louis Liebe
Musikdirektor
Spießgasse No 35.

Strasburg den 28. Oktober 1852.

Autor(en): Liebe, Louis
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen:
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Die letzten Dinge
Erwähnte Orte: Straßburg
Erwähnte Institutionen: Verein für Kirchenmusik <Straßburg>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1852102841

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Liebe an Spohr, 10.07.1852. Spohrs Antwortbrief vom 07.11.1852 ist derzeit verschollen.

[1] Offensichtlich nie erschienen, obwohl Spohr im Antwortbrief zwei Artikel aus englischen Zeitungen sandte.

[2] Ein Verein für Kirchenmusik; im Zusammenhang mit der Aufführung von Spohrs Die letzten Dinge erwähnt in: „Straßburg“, in: Allgemeine Zeitung <München> (1853), S. 3147f., hier S. 3148.

[3] Hier gestrichen: „be[reits]“.

[4] Vgl. Liebe an Spohr, 05.03.1844.

[5] Erster Buchstabe aus „S“ zu „s“ korrigiert.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (07.09.2021).