Autograf: nicht ermittelt
Entwurf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
Abschrift: Edinburgh University Library (GB-Eu), Sign. UA/Da 46.13.2 (engl. Übers., teilweise)
Inhaltsangabe: Rosemary Golding, Music and Academia in Victorian Britain, 2. Aufl. London und New York 2016, S. 46f.

Antworten.
zu 1.) Unter Theorie der Musik verstehe ich die ganze Musikwissenschaft mit Ausschluß des praktischen Theils derselben.
zu 2.) Sie umfaßt die Harmonielehre, die Lehre vom einfachen und doppelten Contrapunkt, die vom Rhythmus,1 die von den musikalischen Formen und schlüßlich die von der Instrumentation.
zu 3.) Auch Akustik und der Theil der Mathematik, der die Schwingungen [???] der Körper bezeichnet,2 werden dazu gezählt; dem practischen Musiker sind sie3 aber entbehrlich und haben nur Interesse für die eigentlichen Musikgelehrten.
zu 4.) Um die ganze Theorie der Musik zu lehren, ist mindestens ein Cursus von zwei Jahren erforderlich. Ist der Unterricht aber4 für solche Studenten bestimmt, die die Musik nur5 als Dilettanten treiben wollen, so genügt ein Theil der Theorie, nämlich die Harmonielehre, und diese läßt sich auch in einem Jahr vollständig lehren.
zu 5.) Jedenfalls muß es ein Tasteninstrument sein, was beym Unterricht benutzt wird, also ein Pianoforte oder eine Orgel.
zu 6.) und 7.) Ich glaube, daß ein Lehrer, wenn er in weiter nichts als Musik zu unterrichten hat, vollkommen ausreichen wird, um so wohl die Theorie der Musik zu lehren, als auch noch praktischen Unterricht auf einem oder mehren Instrumenten zu ertheilen. Doch wird er gut thun, wenn seine Klasse für den practischen Unterricht sehr zahlreich ist, sie zu theilen, und in verschiedenen Stunden zu unterrichten.
zu 8.) Verstehe ich diese Frage recht, so ist ihre Beantwortung schon in dem Vorhergehenden enthalen. Ein Student, der die Musik nur als Dilettant betreibt, wird gut thun6 seine Zeit, die er von seinen übrigen Studien erübrigen kann, hauptsächlich nur7 den pracktischen Studien der Musik zu widmen. Von der Theorie der Musik erfährt er genug, wenn er einen Cursus der Harmonie hört, und dieser ist in zwei Semestern(, also in einem Jahr) vollständig zu lesen. Ein Jüngling hingegen, der sich der Musik ausschließlich widmen will,8 darf keine Universität besuchen, sondern muß Privatunterricht nemen, um sich dem Musikstudium ungetheilt widmen zu können, oder besser noch, er muß eine Musikschule (9ein Conservatorium der Musik, wie sie jetzt zu Wien, Prag, Berlin, Leipzig und Kölln bestehen,) beziehen, wo er Unterricht in allem, ihm wissenswerthen, findet.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Dun, Finlay
Erwähnte Personen:
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Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1852082414

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Dun an Spohr, 11.08.1852.
Die englische Übersetzung in der Abschrift hat den gleichen Umfang wie der Entwurf.
In der gleichen Akte wie die Abschrift befindet sich auch die Abschrift eines Briefs van John Cook, 01.09.1852, in dem Dun aus Spohrs Brief zitiert. Im Brief ist ebenfalls ein Brief von Adolph Bernhard Marx an Dun, 24.08.1852 erwähnt (dessen Abschrift ebenfalls in der Akte liegt), den Dun anscheinend später als Spohrs Brief empfing. Einen Postweg von wenigstens vier Tagen gerechnet, entstand dieser Brief zwischen 15. und 27.08.1852.

[1] Hier gestrichen: „und“.

[2] Hier gestrichen: „gehören dazu“.

[3] „sind sie“ über zwei gestrichenen Wörtern eingefügt.

[4] Hier gestrichen: „nur“.

[5] „nur“ über der Zeile eingefügt.

[6] Hier ein Komma gestrichen.

[7] „nur“ über der Zeile eingefügt.

[8] Hier gestrichen: „wird“.

[9] Hier gestrichen: „wie“.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (26.10.2017).