Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Hochwohlgeborener Herr,
Sehr verehrter Herr General-Musik-Director und Doctor!


Euer Hochwohlgeboren wollen mir geneigt erlauben, mich an dieselben, in einer für mich wichtigen Familien-Angelegenheit zu wenden und um davon guten Rath zu bitten.
Bisher haben mich meine 5 Söhne auf Schule und Universität viel gekostet, vier derselben können sich bis jetzt nicht auf eigene Hand durchbringen und nehmen mich noch in Anspruch.
Mein 3ter Sohn August, der die Ehre hat, Ihr Schüler zu sein, verursacht mir durch seine Jahre langes Unwohlsein besondere Kosten, doch freut es mich, daß es seit einiger Zeit1 mit seiner Gesundheit besser gehet.
August allein bedurfte bisher bei seiner sparsamen Lebensweise in Cassel über 300 Rth. jährlich, deren Aufbringung mir, zu schwer fällt.
Sodann soll ich durch die an mich, ohne allein pecuniairen Vortheil, erfolgte Mitübertragung der vormaligen 2ten Renterei dahier, meine Caution erhöhen und dieser Umstand macht es mich höchst wünschenswerth, sogar nothwendig, daß meine Söhne baldigst in die Lage versetzt werden, sich selbst allenfalls mit einer Beihülfe von mir zu ihrer besseren Subsistenz, durch zu bringen, um durch Ersparniße die Cautions-Erhöhung successig2 bewirtten zu können. Es drängt sich daher die Frage mir auf, ob August die köperlichen und sonstigen Fähigkeiten dermalen besitzt, beim Hof-Orchester einzutreten, wo jetzt einige Stellen vakant werden sollen3, wenn er nur vorerst monatlich 15 Rth erhielte – das Uebrige würde ich gern zuschießen.
Euer Hochwohlgeboren würde mich zu größten Danke verpflichten, wenn Dieselben mir hierüber eine geneigte Antwort und gütigen Rath ertzheilen wollten, die ich bei Niemand anders und besßer erwarten kann und welchen Sie mir bei Ihren allgemein bekannten menschenfreundlichen Gesinnungen, gewis nicht versagen werden.
Schließlich erlaube ich mir meinem guten August Ihrem ferneren Wohlwollen angelegentlichst zu empfehlen, desser er sich würdig zu machen suchen wird.
Verehrungsvoll unterzeichnet sich
Euer Wohlgeboren!

ganz gehorsamster Dr4
Waldau
Rentmeister

Frankenberg
d 14t August 1852

Autor(en): Waldau, Ludwig
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Waldau, August
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen: Hofkapelle <Kassel>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1852081440

Spohr



[1] „Zeit“ über der Zeile eingefügt.

[2] Zur Wortverwendung vgl. „jedoch verlor sich successig diese schwarze Färbung“ (Noeggerath, „Ueber die Gebirgs-Bildungen der linken Rheinseite in den Gegenden zwischen Düsseldorf bis zu Maas bei Roermunde hin“, in: Archiv für Mineralogie, Geognosie, Bergbau und Hüttenkunde 14 (1840), S. 230-244, hier S. 242).

[3] Spohr besetzte die Stellen mit seinen Schülern Ernst Hunnemann und Carl Schöler (vgl. Spohr an die General-Intendantur des Hoftheaters in Kassel, 28.10.1852).

[4] Abk. f. „Diener“.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (03.03.2022).