Autograf: Universitätsbibliothek Kassel – Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Herrn
Herrn Kapellmeister Spohr
Wohlgeboren


Paris d 5t Aprill 1852.

Mein sehr verehrter Herr Kapellmeister,

In diesem Jahr komme ich leider etwas verspätet mit meinem Glückwunsch zu Ihrem Geburtstage, allein Ihren vielen lieben Freunden nach, ja meinem größten Schrecken erblickte ich heut das Datum dieses Monats, obgleich ich schon lange des Tages gedacht hatte, an dem, vor zwei Jahren wir auch alle das Glück hatten in Ihrer Nähe zu weilen und das Fest mit Ihnen zu feiern. Doch darf der heutige Tag nicht zu Ende gehen ohne Ihnen meinen und meiner Kinder herzlichen Wunsch ausgesprochen zu haben, ohne Ihnen theurer Herr Kapellmeister zu sagen, mit welcher treuen Anhänglichkeit mit welchem dankbaren Herzen wir stets Ihrer gedenken.
Ich bin mit den Vorbereitungen zu unsrer nahen Abreise so unendlich beschäftigt, daß ich kaum fertig zu werden weiß. Die vielen Visiten rauben einem zu viel Zeit bei den großen Entfernungen in Paris.
Bernhard hat im Lauf des letzten Monats fünf Mal in verschiedenen Conzerten sich hören lassen, und recht hübschen Beifall geärndtet, auch hat er viel und oft in Gesellschaften gespielt und ist namentlich mit fast allen Künstlern bekannt geworden und hat mit Ihnen gespielt.
In London beginnt nun wieder ein neues nicht wieder schwieriges Leben, ich kann Ihnen sagen daß mir das Herz schwer wird, die Brust beengt ist, wenn ich daran denke. Vielleicht ist das Unternehmen zu groß und zu kühn für mich, und die Opfer die ich zu bringen habe lassen mich den Schritt später bereuen. Doch muß ich bei Allem wagen(???), da Bernhard noch so jung ist, viele auch sprechen mir den größten Muth ein und prophezeien einen günstigen Erfolg. Mir fehlts immer noch an Briefen so sehr ich mich auch darum bemühe. Sie waren so überaus gütig mir für Molique einen Brief1 durch Knoop zu senden, wofür ich Ihnen herzlich danke. Von der guten Whittle2 habe ich wiederholt Nachricht gehabt, ich finde ihre Schwiegermutter3 in London und habe durch sie mehrere Briefe zu erwarten, doch weniger in musikalischer Beziehung. Durch unsre liebe Frau von Malsburg sind wir an Horsley empfohlen.
Hier heißt es allgemein Sie gehn zur Saison nach London, um Ihren Faust zu dirigiren, möchte dem doch so sein, wie erfreut würden wir hier, Sie verehrter Herr Kapellmeister und ihre liebe Frau Gemahlin wieder zu sehen, der ich mich von ganzem Herzen empfehlen lasse.4 Auch Bernhardine5 sendet Ihnen beider seits ihre besten Grüße.
Um die Fortdauer Ihres freundlichen Wohlwollens bittend zeichnet sich hochachtungsvoll

Ihre
treu ergebene B. Hildebrand geb. Romberg


Hochgeschätzter Herr Kapellmeister,

Sie haben sich gewiß recht gewundert, nichts von uns zu hören am Tage Ihrer Geburtsfeier, doch stehen wir am Vorabende unserer Reise nach London, und durch die vielen Besorgungen für eine solche Reise, besonders, da es das erste Mal ist, erfordert, ist dieser Brief um einige Tage verzögert worden; doch, denke ich, kommt er noch immer früh genug, um Ihnen von ganzem Herzen meinen besten Glückwunsch zu überbringen, zu diesem Feste, des wir vor zwei Jahren so vergnügt mit Ihnen, werther Herr Kapellmeister, verbrachten, und dieses Jahr leider nur in der frohen Rückerinnerung an unser damaliges Glück erleben konnten. Mit Freude haben wir durch Frau von Malsburg vernommen, daß Ihre Gesundheit, ferner auch die der Frau Kapellmeister, an die ich Sie bitte, meine besten Grüße auszurichten, im besten Zustand ist, und möge Gott geben, daß sie immer so bleibt. Es geht hier allgemein das Gerücht, Sie würden nach London kommen diese Saison, um Ihren Faust zu dirigiren; was würde ich mich freuen, Sie dort wieder zu sehen. – Ich habe fünf Mal öffentlich gespielt im letzten Mo[nat]6 und unzählig oft in Gesellschaften, so daß ich hier schon ziemlich bekannt bin. Vielen Dank sage ich Ihnen für den Brief an Molique, den Sie so freundlich waren, uns schon herüber zu schicken. Durch Knoop hörte ich, daß die musikalischen Verhältnisse in Cassel im Allgemeinen traurig aussähen, daß die Conzerte gar nicht mehr gingen und die Musik ganz darniederläge, es ist doch schrecklich, was die Politik für einen Einfluß auf alle Verhältnisse hat. Wie lang unser Aufenthalt in London dauern wird, ist noch nicht bestimmt, und hängt wohl davon ab, wie es mir bekommen wird; von dort aus gehen wir nach Hamburg; um vielleicht zum nächsten Winter wieder nach Paris zu gehen. In der Hoffnung, sie nächsten Sommer in London zu sehen, verbleibe ich

Ihr
treuer Schüler
Bernhard Hildebrand-Romberg

Paris
den 7ten April 1852.

Autor(en): Hildebrand-Romberg, Bernhard
Hildebrand-Romberg, Bernhardine
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Horsley, Charles Edward
Knoop, Huldreich
Malsburg, Caroline von der
Molique, Bernhard
Schmidt, Bernhardine
Spohr, Marianne
Whittle, Kate
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Faust
Erwähnte Orte: Kassel
London
Paris
Erwähnte Institutionen: Covent Garden <London>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1852040544

Spohr



Der letzte erhaltene Brief der Korrespondenz mit Bernhardine Hildebrand-Romberg ist vom 01.04.1851. Der letzte erhaltene Brief der Korrespondenz mit Bernhard Hildebrand-Romberg ist vom 01.04.1851. Der nächste erschlossene Brief der Korrespondenz mit Bernhardine Hildebrand-Romberg ist an Marianne Spohr um den 08.06.1852. Der nächste erhaltene Brief der Korrespondenz mit Bernhard Hildebrand-Romberg ist vom 26.03.1853.

[1] Spohr an Bernhard Molique, 04.03.1852.

[2] Kate Whittle.

[3] Noch nicht ermittelt.

[4] Grammatik so in der Vorlage.

[5] Die Tochter der Autorin, später verh. Schmidt.

[6] Textverlust durch Siegelaufdruck.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (16.02.2024).