Autograf: früher im Privatbesitz, heute verschollen
Abschrift 1: Abschriften und Auszüge als Beiträge zur Geschichte der Familie Dilcher und zur Ergänzung der Stamm und Ahnentafeln, Typoskript 1934, Bl. 18, in: Spohr Museum (D-Ksp), Sign. Dep. 03 [Nachlass Dilcher]
Abschrift 2: Computerdatei von Herfried Homburg († 2008)

An Frau... Dilcher in Fulda
 

Cassel den 3ten October
1851.

Geehrte Frau,
 
Gerührt durch Ihre hülflose Lage, und in der Voraussetzung, daß das Musiktalent Ihres Sohnes wirklich so bedeutend sey, als das mir eingesandte Attest besagt, erbiethe ich mich, ihm zu seiner weitern Ausbildung unentgeldlich Unterricht zu ertheilen, wenn es Ihnen möglich ist, sich mit ihm nach Cassel zu übersiedeln, oder wenn Sie ihn hier bey Verwandten oder in anderer Weise unterbringen und erhalten können. -
Meine Bekannten zu einer Unterstützung zu diesem Zwecke aufzufordern, ist für jezt unthunlich, da sie sämtlich, wie auch ich, außergewöhnliche Ausgaben zur Erhaltung der eidgetreuen Staatsdiener und Officire und zur Milderung des über das Land gebrachten Unglücks, genug zu tragen haben.1 - Gelingt es Ihnen mit Hülfe einiger Musik- und Menschen-Freunde Ihrer Stadt die nöthigen Mittel zur Übersiedelung hieher oder zur Erhaltung des Knaben hierselbst zusammen zu bringen, so bin ich erböthig, den Unterricht sogleich nach dessen Hieherkunft zu beginnen.
Hochachtungsvoll
 
ergebenst
Louis Spohr

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Dilcher, Elisabeth
Erwähnte Personen: Dilcher, Hugo
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Kassel
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1851100310

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief der Mutter von Hugo Dilcher an Louis Spohr.
[Ergänzung 31.08.2020: Mittlerweile liegt nach einer Schenkung mit dem Nachlass Dilcher eine weitere Abschrift als Textzeuge für diesen Brief vor; die Edition folgt aber weiterhin der vermutlich textgetreueren Transkription von Homburg.]
 
[1] Im Oktober 1850 ersuchten 80% der kurhessischen Offiziere um ihren Abschied, da der Kurfürst von ihnen die Ausführung verfassungswidriger Befehle verlangte, obwohl sie zuvor auf die Verfassung vereidigt worden waren (vgl. Rüdiger Ham, Bundesintervention und Verfassungsrevision. Der Deutsche Bund und die kurhessische Verfassungsfrage 1850/52 (= Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte 138), Darmstadt und Marburg 2004, S. 182f.).
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (01.06.2017).