Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel, Sign. 2° Ms. mus. 1500[Sp. 75,74

Cassel den 22sten
August.

Hochgeehrter Herr,

So sehr ich mich freuen und interessieren würde Ihre Sinfonie-Cantate „Napoleon” zu hören, so ist dieser Name doch zu sehr an unserem Hofe verpönt, als daß ich hoffen könnte, die Erlaubnis zu einer solchen Aufführung zu erwirken. Noch ohnlängst sollte ein ähnliches Werk: „die drei Inseln” (nämlich Corsika, Elba u. St. Helena,) in einem unserer Winterconcerte gegeben werden. Kaum war es aber bekannt geworden, daß Napoleon der Gegenstand sey, so wurde es noch am Tage der Aufführung, wie schon die Zettel an den Straßenecken klebten, vom Kurfürst verboten. Nicht besser erging es meiner Oper „der Matrose, die keine 2te Aufführung erlebte, obgleich sie sehr gefallen hatte, weil des größten Kaisers darin mit Begeisterung gedacht war.
Dieses Werk Ihrer Feder wird daher hier nicht zur Aufführung kommen können; sollten Sie aber irgend eine Instrumental-Komposition(, denn auch mit den Chören würde es große Schwierigkeiten haben, da der Theaterchor zu unmusikalisch und zu sehr beschäftigt ist und die Gesangvereine in neuster Zeit nicht mehr im Theater singen wollen) bey uns aufzuführen wünschen, so werde ich Ihnen mit Vergnügen mit besten Kräften dabey behülflich seyn.
Mit vorzüglicher Hochachtung

Ihr
ergebener
Louis Spohr

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Haslinger
Haslinger, Carl
Erwähnte Personen: Friedrich Wilhelm Hessen-Kassel, Kurfürst
Napoleon Frankreich, Kaiser
Erwähnte Kompositionen: Brandenburg, Ferdinand : Die Mär von den drei Inseln
Haslinger, Carl : Napoleon
Spohr, Louis u.a. : Der Matrose
Erwähnte Orte: Kassel
Erwähnte Institutionen: Hofkapelle <Kassel>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1851082222

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Haslinger an Spohr, bis zum 20.08.1851.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (28.07.2017).