Autograf: Österreichische Nationalbibliothek Wien (A-Wn), Sign. 950/59-2
Druck: Autographen aus der Sammlung Karl Geigy-Hagenbach, Basel, und anderem Besitz. Auktion am 30. und 31. Mai 1961 in Marburg (= Katalog Haus der Bücher / Stargardt), Basel und Marburg 1961, S. 158 (teilweise)
Beleg: Autographen von historischen Persönlichkeiten, von Dichtern und Gelehrten, von Schauspielern und Musikern (= Katalog Meyer und Ernst 58), Berlin 1937, S. 45
An
Frau Elise Schmezer
Wohlgeb.
in
Braunschweig.
frei.
Cassel den 25sten
April 1851.
Hochgeehrte Frau,
Eine Masse von Geschäften, die sich zur Zeit der Messe und in der darauffolgenden Charwoche besonders anhäufen, hatten mich bisher verhindert Ihre Lieder recht genau durch zu sehen und durch zu singen, und so habe ich es auch bis heute verschieben müssen, Ihre freundliche Zuschrift zu beantworten.
Ich wiederhole, daß es mir zur Freude und Ehre gereichen wird, wenn Sie mir ein Heft Ihrer Lieder dediciren. Herr Luckhardt hat mir 8 Lieder Ihrer Komposition zur Ansicht mitgetheilt, und da Sie den Wunsch aussprechen, mein Urtheil darüber zu hören, so gebe ich es mit all der Aufrichtigkeit, die ich mir von jeher zum Gesetz gemacht habe. Das Wesentliche, die Auffassung und musikalische Erfindung haben mir bey sämtlichen Liedern recht gut, bey einigen ganz vorzüglich gefallen. Ferner sind sie sämtlich sehr sangbar und halten sich in dem Umfange den ein Lied ohne ganz besondere Veranlassung nicht überschreiten soll. Auch die Clavierbegleitung ist reich und lebendig ohne überladen zu seyn. Nun haben einige der Lieder, für meinen Geschmack, zu viele Textwiederholungen. Besonders ist mir dieß bey zweien unangenehm aufgefallen, bey: „wie schön bis du“ und beym: „Ständchen“. Im ersten läßt es sich, ohne die ganze musikalische Form umzuwerfen, nicht abändern; im „Ständchen“ aber würde ich vorschlagen, sämtliche Textwiederholungen mit Ausnahme der letzten „Elfenkönigin zeige dich“ wegzulassen. Das Lied wird dadurch zwar um die Hälfte kürzer, die musikalische Form bleibt aber gut, und das Lied ist doch noch lang genug. - In der Harmoniebegleitung sind mir einige Härten, um nicht zu sagen Unreinheiten, aufgefallen. Zum Theil mögen sie wohl Schuld des Abschreibers seyn. Ich habe daher bey solchen Stellen, wo dieß entschieden der Fall war, die falschen Noten corrigirt. In dem Liede: „Mandolinenklänge“ waren aber ganze Takte falsch und es war daher schwer zu errathen, wie es eigentlich seyn soll. Sie werden daher sämtliche Lieder vor dem Stich wohl noch einer genauen Revision unterwerfen müssen.
Schließlich wiederhole ich, daß mir die Auffassung der Texte sehr gefallen hat, und daß daraus ein entschiedener Beruf für diese Kompositions-Gattung hervorleuchtet.
Die Manuscripte werde ich noch heute an Herrn Luckhardt zurückgeben.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Ihr
ergebenster
Louis Spohr.
Autor(en): | Spohr, Louis |
Adressat(en): | Schmezer, Elise |
Erwähnte Personen: | Luckhardt, Carl |
Erwähnte Kompositionen: | Schmezer, Elise : Lieder, Sgst Kl, op. 19 Schmezer, Elise : Lieder, Sgst Kl, op. 20 |
Erwähnte Orte: | |
Erwähnte Institutionen: | Luckhardt <Kassel> |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1851042514 |
Dieser Brief ist die Antwort auf Schmezer an Spohr, erste Hälfte April 1851.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (27.11.2019).