Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Sr. Wohlgeboren
Herrn Doctor & Capellmeister Spohr
in
Cassel.

frey.


Hamburg, d. 29 Dec. 1850.

Hochverehrter Herr Doctor!

Zu dem, schon lange von uns gehegten Wunsche: Sie bald doch wieder einmal hier in Hamburg bei uns zu sehn, gesellt sich diesmal noch die Hoffnung, Ihnen vielleicht eine – in der jetzigen, allgemein so schwerdrückenden Zeit so nothwendige – kleine Erheiterung dadurch verschaffen zu können, wenn wir Ihnen ein Concert hier einrichteten. Wäre ich noch im Besitz meiner früheren Amtswohnung, so würde ich Sie zugleich ersuchen, bei uns mit dem Logis pp. freundschaftlich vorlieb zu nehmen. Sind wir aber nun (seit dem Brande1) auch nicht im Stande, Ihnen bei uns dasselbe anbieten zu können, so würden wir es doch natürlich gern übernehmen, Ihnen ein gutes und billiges Logis zu besorgen. Die Freude aber, Sie mit Ihrer lieben Familie bewirthen zu können, würden wir uns nicht nehmen lassen. Sollten Sie nun geneigt seyn, auf diese Wünsche einzugehn, so erlaube ich mir noch den Vorschlag: (um die Sache so leicht, schnell und vortheilhaft als möglich zu Stande zu bringen,) etwas eine Quartett- und Quintett-Unterhaltung, mit Fortepianobegleitung, ein Liedchen pp. dazu zu wählen. Denn ein gutes Orchester ist hier jetzt schwer und nur für bedeutende Kosten zu haben. (Der Cellist Lee läßt sich für die Unterhaltungen – wobei er doch nur theilweise beschäftigt ist, – von meinem Sohn 50 ß2 zahlen!) Theatersänger dürfen nur mit Bewilligung der Direction in Concerten singen, und wird diese Bewilligung in der Regel verweigert. Gute Dilettanten (die kaum mehr vorhanden sind,) singen höchstens nur bei wohlthätigen Zwecken. Schlechte – die noch dazu selten anders als mit der frechsten Arroganz auftreten, – läßt man natürlich lieber weg. –
Indem wir Alle Ihnen und Ihrer lieben Familie ein recht frohes Neujahr wünschen, wenigstens mit der Hoffnung, daß es tröstlichere Aussichten als das letzte bringen werde, hoffen zunächst auf baldige frohe Nachrichten aus Cassel und auf Ihr baldiges Wiedersehn

Ihr
getreuer Verehrer
J.F. Schwenke
nebst Frau und Sohn.

Autor(en): Schwencke, Johann Friedrich
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Lee, Louis
Schwencke, Friedrich Gottlieb
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Hamburg
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1850122943

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Schwencke, 18.11.1849. Spohr beantwortete diesen Brief am 04.01.1851.

[1] Der Hamburger Brand oder Große Brand zerstörte 05.-08.05.1842 große Teile der Hamburger Altstadt.

[2] Schilling.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (11.12.2018).