Autograf: derzeit verschollen
Abschrift: Niedersächsisches Landesarchiv Wolfenbüttel (D-Wa), Best. 299 N Nr. 157 (vgl. Arcinsys, dort verschwunden; Mikrofilm in D-Ksp)
Druck: [Paul Zimmermann], „Louis Spohr und Braunschweig“, in: Braunschweigisches Magazin (1909), S. 109-117, hier S. 115
Cassel, den 24sten Sept. 1850.
Meine geliebte Rosalie,
Beikommend übersende ich Dir 2 Briefe1, die hoffentlich von Nutzen sein werden. In Brünn kenne ich niemand, in Dresden nur den Kapellmeister Reisiger, an den Dich Hauptmann schon empfohlen hat. Vielleicht kann er Dir auch noch andere Briefe nach Dresden geben, da es seine Vaterstadt ist. - Vor Deinem Auftreten in Wien mußt Du Dich besonders sorgfältig vorbereiten, da man dort P. Alvars oft gehört hat und daher einen hohen Maßstab anlegt. Aber ein sehr empfängliches Publikum wirst Du dort finden, so wie auch in Prag. Zum Arrangement des Conzerts daselbst kann Dir Kapellmeister Skraub besonders behilftlich seyn. Ich kenne ihn nicht persönlich. Da er aber ein Schwiegersohn meines verstorbenen langjährigen Freundes Kleinwächter ist, so wird er, wenn Dein Vater ihm einen Gruß von mir bringt, gewiß alles aufbieten, Euch gefällig zu seyn, so wie auch seine Frau, die vor etwa 8 Jahren die Reise in die sächsische Schweiz mit uns machte.2
In Wien habe ich noch einen Bekannten von der Congreßzeit her, den berühmten Geiger Maiseder. Auch dieser wird, wenn ihm Dein Vater Grüße von mir bringt, gewiß ihm gerne behülflich zu den Arrangements seyn.
Da der Kurfürst uns die Gardemusik weggenommen und dadurch das Theaterorchester zerstört hat, so habe ich zum Ersatz dafür Musiker der anderen Regimenter in‘s Orchester ziehen müssen und habe nun mit diesen ungeübten Leuten eine ungeheure Plage. Vor jeder Oper muß ich eine Vorprobe mit dem Orchester allein machen und komme daher fast gar nicht mehr aus dem Theater heraus.3
Grüße Deine Eltern und alle Verwandte aufs herzlichste von uns. Euch Reisenden wünschen wir den besten Erfolg.
Mit herzlicher Liebe
Dein Onkel
Louis Spohr.
Autor(en): | Spohr, Louis |
Adressat(en): | Spohr, Rosalie |
Erwähnte Personen: | Alvars, Parish Hauptmann, Moritz Kleinwächter, Ignaz Mayseder, Joseph Reissiger, Carl Gottlieb Skraup, Caroline Skraup, Franz Spohr, Wilhelm |
Erwähnte Kompositionen: | |
Erwähnte Orte: | Brünn Dresden Kassel Prag Wien |
Erwähnte Institutionen: | Hofkapelle <Kassel> Hoftheater <Kassel> Musikkorps des Leibgarderegiments <Kassel> |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1850092400 |
Der letzte überlieferte Brief dieser Korrespondenz ist Louis Spohr an Rosalie Spohr, 07.05.1850. Der nächste belegte Brief dieser Korrespondenz ist Rosalie Spohr an Louis Spohr, Juli 1851.
[Ergänzung 19.07.2023: Anmerkung auf der Abschrift von Rosalie Spohrs Hand: „Das Original hat Mad. Erard in Paris.]
[1] Vgl. Louis Spohr an Eduard von Lannoy vom gleichen Tag. Der zweite Empfehlungsbrief ist noch nicht ermittelt.
[2] Vgl. Louis Spohr, Lebenserinnerungen, hrsg. v. Folker Göthel, Tutzing 1968, Bd. 2, S. 170ff., Text mit fehlerhafter Paginierung auch online; ders., Louis Spohr’s Selbstbiographie, Bd. 2, Kassel und Göttingen 1861, S. 209ff.
[3] Vgl. ausführlicher Spohr an Adolph Hesse, 24.10.1850. [Ergänzung 01.04.2025: Vgl. „Hessen”, in: Baierscher Eilbote (1859), S. 928; Spohr an Carl Amand Mangold, 26.10.1850; Spohr an Alexandre Malibran, 13.11.1850.]
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (18.04.2017).