Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Hochgeehrter Herrr Kapellmeister

In der Hoffnung nicht allzusehr zu belästigen, erlaube ich mir, Ihnen diese Zeilen zu senden. Was werden Sie sagen, wenn von mir noochmals ein Brief ankommt welcher Ihnen mein Bedauern, mein größtes Bedauern zeigen soll, welches ich bei dem Gedanken empfinde, nicht mehr unter Ihrer unschätzbaren Leitung meine Studien in der Musik fortsetzen zu sollen.
Ein Brief von Herrn B. Molique, den ich ungefähr vor 10 Tagen erhielt, nachdem der Tag meiner Abreise nach Kassel1 schon festgesetzt war auf den 14ten d.M., ladet mich freundlichst nach London ein. Schon bei meinem Abgange von Herrn Molique aus Stuttgart, ehe ich das Glück hatte zu Ihnen hochgeehrter Herr zu kommen, versprach mir derselbe, nachdem er in London festen Fuß gefaßt haben würde, zu schreiben. Vor einigen Tagen nun erhielt ich besagten Brief, in welchem Herr Molique sehr freundlich schreib und mir schon einen oder zwei Schüler in London gleich nach meiner Ankunft überweisen kann. Da hier in Deutschland wohl wenig Aussicht ist für mich, selbstständig zu werden, oder besser: da ich achten muß, wie Sie geehrter Herr Kapellmeister ja wissen, meinen Eltern recht bald eine Erleichterung durch Selbsterhaltung, vollends in dieser bösen Zeit für meines Vater‘s2 Kunst, zu verschaffen, glaube ich nicht zögern zu dürfen diese Einladung anzunehmen; besonders auch wohl da sie mich nach England führt, und hoffe ich gewiß auf Ihre freundliche Billigung meines Planes. Herr Molique schrieb mir, ich mögte suchen Empfehlungen zu bekommen. Obgleich hier der Herr General Halket, welcher aus England ist und mich durch meine Eltern schon lange kennt, mich dorthin empfehlen wird, auch von mehren andern Familien ich empfohlen3 werde würde ich doch eine Empfehlung von Ihnen verehrter Herr Kapellmeister über Alles schätzen. Vertrauend auf Ihre stets mir bewiesene Freundlichkeit glaubte ich wohl4 eine geneigte Antwort von Ihnen hoffen zu dürfen; und darf ich wohl noch zum Schluß sagen, daß ich es für ein ganz besonderes Glück meines Lebens immer ansehn werde, Sie selbst hochgeehrter Herr und Ihre herrlichen Kompositionen so genau kennen gelernt zu haben.
Indem ich noch um meine Empfehlung an Ihre verehrte Frau gemahlin bitte und auf ferneres geneigtes Andenken hoffe, habe ich die Ehre zu sein,

mit vollkommener Hochachtung
Ihr stets dankbarer
Fritz Schmidt.
N.S. Meine Abreise ist auf den 30ten September festgesetzt.

Hannover 6/9.1850.
Osterstraße Nro 22.

Autor(en): Schmidt, Fritz
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Halket, Hugh
Molique, Bernhard
Schmidt, Friedrich August
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: London
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1850090640

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schmidt an Spohr, 03.08.1850. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Schmidt an Spohr, 15.04.1853.

[1] „nach Kassel“ über der Zeile eingefügt.

[2] Friedrich August Schmidt war Porträt- und Porzellanmaler.

[3] Hier zunächst großgeschriebener Anfangsbuchstabe „E“ zu „e“ verbessert.

[4] Hier gestrichen: „auch“.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (07.07.2020).