Autograf: Universitätsbibliothek Kassel – Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287[Ritmüller:2

Sr. Hochwohlgeboren
Herrn Hof-Kapellmeister
Dr. L. Spohr
in
Cassel


Göttingen d 12 Juni 50.

Hochgeschätzter Herr Kapellmeister!

Die vielen Beweise Ihrer Gewogenheit ermuthigen mich, Sie mit einer Bitte zu beschweren und für Ueberbringer dieses Frau Hauptmannin Klingsöhr und deren Sohn ein gutes Wort einzulegen. Der Knabe hat gewiß Anlagen für Musik, ob aber diese so bedeutend sind, daß er ganz Musiker werde, ist eine Frage von großer Wichtigkeit die nur Sie zu lösen vermögen. Ihr gefälliges Urtheil wird für die weitern Schritte maßgebend seyn.
Sodann zeige ich Ihnen an, daß ich vor drey Wochen von Paris zurückgekehrt. Ich hatte das Glück meinen Sohn bei Pleyel zu placiren.
An musikalischen Genüßen war meine Zeit in Paris nicht sehr reich. Oben an stehen zwei Ouverturen des Orchesters der großen Oper, bei Gelegenheit eines Concerts der Alboni.1 Der Prophet2 wurde fast täglich gegeben, da aber die beiden ersten Personen fehlten, ich auch einer sehr guten Vorstellung des Propheten in Leipzig beigewohnt hatte, so fühlte ich keinen großen Drang für die fünfstündige Vorstellung. Auch ist vor der Hand diese Oper noch nicht meine Sache.
Hoffentlich geht es Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin wohl, es wünscht dieses unter Versicherung herzlichster Verehrung

Ihr gehorsamster
WRitmüller

Fräulein Clauss hat in 2 Concerten Alles zum Höchsten entzückt. Chopin spielt sie unvergleichlich3, sie ist jetzt nach Stockholm.

(in Eile)

Autor(en): Ritmüller, Wilhelm
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Alboni, Marietta
Clauss, Wilhelmine
Klingsöhr (Mutter)
Klingsöhr (Sohn)
Ritmüller (Sohn von Wilhelm Ritmüller)
Erwähnte Kompositionen: Meyerbeer, Giacomo : Le prophète
Erwähnte Orte: Paris
Erwähnte Institutionen: Pleyel <Paris>
Stadttheater <Leipzig>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1850061245

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Ritmüller an Spohr, 06.11.1839.

[1] Vgl. „Grand-Théatre“, in: Echo des Coulisses 12.04.1850, nicht paginiert.

[2] Vgl. „Théatre de la nation. Début de Mlle Alboni dans le Prophète“, in: Le Nouvelliste 13.05.1850, nicht paginiert.

[3] Vgl. Richard Pohl, „Signale aus Göttingen“, in: Signale für die musikalische Welt 8 (1850), S. 233ff., hier S. 234f.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (11.10.2023).