Autograf: derzeit verschollen
Abschrift: Niedersächsisches Landesarchiv Wolfenbüttel (D-Wa), Best. 299 N Nr. 157 (vgl. Arcinsys, dort verschwunden; Mikrofilm in D-Ksp)
Druck 1: [Paul Zimmermann], „Louis Spohr und Braunschweig“, in: Braunschweigisches Magazin (1909), S. 109-117, hier S. 115 (teilweise)
Druck 2: Horst Heussner, Die Symphonien Spohrs, Phil. Diss. Marburg 1956, Anh. S. 51 (teilweise)
Cassel, d. 7. Mai 1850.
Meine geliebte Rosalie,
Recht sehr habe ich mich gefreut, wieder ein Briefchen von dir zu erhalten und daraus zu ersehen, daß Du mit demselben Beifall, wie auswärts, auch in Deiner Vaterstadt aufgetreten bist. Es muß Dir dies ein neuer Sporn zu immer weiteren Fortschreiten sein! – Es hat mich sehr interessirt, was Du mir über die neue Ouverture1 von Litolff schreibst. Sobald er sie mir zugesandt hat, werde ich sie zur Aufführung bringen.
In Bezug auf Deine Anfrage wegen Gastspiels der Frl. Johannsen auf unsern Hoftheater, bedaure ich ablehnend antworten zu müssen. Der Kurfürst genemigt durchaus kein Gastspiel wenn es nicht den Zweck hat, neu zugehende Mitglieder zu prüfen. Da nun unsere Oper für jetzt vollständig besetzt ist, so darf die Intendanz wegen eines solchen nicht einmal anfragen.
Vor einigen Tagen habe ich eine neue größere Composition vollendet, die in unserem Pfingst-Conzert zum ersten mal gegeben werden wird. Es ist eine Sinfonie – (die 9te) u. soll in ihren 4 Sätzen die Jahreszeiten darstellen; im ersten Allegro den Winter, an welchen sich, durch eine Einleitung, in welcher das Erwachen der Natur gemalt ist, vermittelt, im zweiten Satz der Frühling anschließt. Dann wird nach einer Pause in Adagio der Sommer und im letzten Satz der Herbst mit seinem Jagd- und Ärndte-Jubel geschildert. In diesem Satz habe ich die bekannte Melodie des Rheinweinliedes „Bekränzt mit Laub“ verflochten und thematisch bearbeitet. Jetzt bin ich sehr gespannt auf die Wirkung dieses neuen Versuchs malender Instrumentalmusik.
Lebe wohl meine geliebte Rosalie und grüße alle Glieder der Familie auf das herzlichste von uns.
Mit inniger Liebe
Dein Onkel
Louis Spohr.
Autor(en): | Spohr, Louis |
Adressat(en): | Spohr, Rosalie |
Erwähnte Personen: | Johannsen, Bertha |
Erwähnte Kompositionen: | Litolff, Henry : Maximilian Robespierre, op. 55 Spohr, Louis : Die Jahreszeiten, op. 143 |
Erwähnte Orte: | Braunschweig |
Erwähnte Institutionen: | Hoftheater <Kassel> |
Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1850050700 |
Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Rosalie Spohr an Louis Spohr. Der nächste überlieferte Brief dieser Korrespondenz ist Louis Spohr an Rosalie Spohr, 24.09.1850.
[1] [Ergänzung Hans Tromp, 17.02.2025:] Ouvertüre zu Maximilian Robespierre op. 55 (vgl. „Bremen, 20. Nov.“, in: Rheinische Musik-Zeitung 1 (1850/51), S. 176; Rez. „H. Litolff, Ouvertüre zu Maximilian Robespierre […]“, in: Neue Berliner Musikzeitung 4 (1850), S. 323).
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (18.04.2017). Zunächst nach Druck 1 ediert; neu kollationiert nach Mikrofilm (18.07.2023).