Autograf: Universitätsbibliothek Kassel – Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287
An
Den General-Musikdirector Ritter mehrer hoher Orden pp
Herrn Dr. L. Spohr
Hochwohlgeb.
zu
Cassel
Breslau d 12t Merz 1850
Mein hochgeehrtester Herr Doctor!
So groß der Schrek war, als ich in1 den Zeitungen Ihren Fall auf Cassels Glatteis und die damit verbundenen Befürchtungen für Ihr theures Leben laß, so groß war meine Freude, als am vergangenen Sonntag unser Hesse die frohe Bothschaft Ihrer Herkunft2, Breslauern verkündigte, wie Sie aus der Anlage entnehmen wollen3. Allah ist groß! rief ich aus, dem Meister hat der Fall auf das liebe Haupt nicht geschadet, alle Befürchtungen für seine Gesundheit sind geschwunden, er kömt! Er kömt! und zwar kömt er auch zu mir, wie mir nicht allein der theure Meister sondern auch seine theure Lebensgefährtin, in Carlsbads freundlichen Thale versprochen hat. Gott laße Sie nur den ankommenden Frühling recht frisch und froh begegnen, auf daß Sie im Juny, kräftig und rüstig gen Schlesien ziehen, und den Staub der Heßenfluchenden4 Stadt von den Füßen schütteln können.
Seelig in der Erwartung Sie und Ihre Frau Gemahlin wiederzusehen, Sie Beyde aber so ergebenst u herzlich grüßend zeichne ich mit wahrhafter hoher Verehrung zu meiner Ehre als
Ihr
ganz ergebenster Diener
CKörte
| Autor(en): | Körte, Christian |
| Adressat(en): | Spohr, Louis |
| Erwähnte Personen: | Hassenpflug, Ludwig Hesse, Adolph Spohr, Marianne |
| Erwähnte Kompositionen: | |
| Erwähnte Orte: | Breslau Karlsbad |
| Erwähnte Institutionen: | |
| Zitierlink: | www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1850031247 |
[1] „in“ über der Zeile eingefügt.
[2] Vgl. Spohr an Adolph Hesse, 21.02.1850.
[3] „Herr General-Musikdirektor Dr. Louis Spohr hat dem Unterzeichneten seine Ankunft in Breslau, die zur Zeit der Kasseler Theaterferien in der letzten Hälfte des Juni stattfinden soll, brieflich gemeldet. Obgleich wir nun in Bezug auf diese Angelegenheit etwas ungläubig geworden sind, da Spohr bereits vor zwei Jahren, so wie im vorigen Sommer, Breslau mit seiner Gegenwart erfreuen wollte, jedoch jedesmal durch die politischen Ereignisse und durch Gesundheitsrücksichten daran verhindert wurde, so wollen wir uns doch diesesmal der freudigen Hoffnung hingeben, den großen deutschen Meister in unsern Mauern zu beherbergen. Wir sind überzeugt, daß die Herren Tonkünstler Breslau’s wohl Alles aufbieten werden, dem würdigen Altmeister seinen Aufenthalt angenehm zu machen. Es sollen zu diesem Zwecke einige große Aufführung der besten Kompositionen des Meisters veranstaltet werden, an denen sich gewiß unsere besten musikalischen Kräfte betheiligen, und sich’s zur Ehre rechnen werden, unter der Direcktion des großen Mannes mitzuwirken.
Eine verehrliche Theater-Direktion möchten wir hiermit zugleich ersuchen, Jessonda oder Faust mit verstärktem Orchester und Chorr gefälligst vorbereiten zu lassen, damit der Meister eine seiner Opern selbst dirigire.
Die hiesigen Musik-Notabilitäten wird der Unterzeichnete später sich die Ehre geben, zu einer Besprechung in dieser Angelegenheit ergebenst einzuladen“ (Adolph Hesse, „Breslau, 9. März“, in: Breslauer Zeitung?).
[4] Anspielung auf den von Spohr verachteten kurhessischen Minister Ludwig Hassenpflug.
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (02.09.2024).