Autograf: Stadtarchiv Braunschweig (D-BSsta), Sign. H VIII A 4749

Herrn Kammerbaumeister
Wilhelm Spohr
in
Braunschweig.

frei.


Cassel den 7ten
Januar 1850

Lieber Wilhelm,

Nach einer, in großer Angst durchlebten Zeit athme ich endlich wieder etwas freier! Meine gute Marianne war lebensgefährlich krank und ist noch ein Bild des Jammers. Vor 14 Tagen bekam sie ein rheumatisches Fieber, welches sich nach 2 Tagen so steigerte, daß sie 9 Tage ohne1 Bewußtsein war. Es mußten in dieser Zeit, um eine Gehirnentzündung zu verhindern, fortwährend Eisumschläge um den Kopf gemacht werden und die geringsten Versäumnis konnte ihr den Tod zuziehen. Was ich in diesen 9 Tagen gelitten habe, kannst Du Dir leicht vorstellen. Gestern früh kam sie endlich nach einem viertelstündigen Schlafe wieder zum Bewußtseyn und seit dieser Zeit geht es fortwährend besser. Sie ist aber so entkräftet, daß sie kaum die Augen öffnen und nur leise lispeln kann. So sehr ich mich nun auf Euren Besuch freue, (-sie weiß begreiflich noch nichts davon-) so werden wir ihn doch hinausschieben müssen, bis sie wieder hergestellt seyn wird. Ich befragte soeben den Arzt, wie bald dies zu hoffen sey, und er meinte, es bis zu Ende des Monaths versprechen zu können. Bis dahin will ich dann auch alle Veranstaltungen zu einem großen Concerte im Theater für unsere liebe Rosalie treffen und ich hoffe, es wird in jeder Beziehung recht gut ausfallen. - Zu ihrem ersten Auftreten in Hamburg sage ich ihr meinen herzlichen Glückwunsch. Ich habe noch nicht einmal aufsuchen können, was die Hamburger Blätter darüber schreiben, werde es aber noch heute thun.
Sobald ich Näheres über die Zeit Eures Besuchs bestimmen kann, werde ich Dir wieder schreiben. Bis dahin lebe wohl und grüße auf’s herzlichste alle die Deinigen von mir.
Mit brüderlicher Liebe

Dein
Louis

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Spohr, Wilhelm
Erwähnte Personen: Spohr, Marianne
Spohr, Rosalie
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Hamburg
Kassel
Erwähnte Institutionen:
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1850010700

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf einen derzeit verschollenen Brief von Wilhelm Spohr an Louis Spohr. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Louis Spohr an Wilhelm Spohr, 24.02.1850, aus dem sich noch ein derzeit verschollener Brief von Wilhelm Spohr an Louis Spohr erschließen lässt.

[1] Hier gestrichen: „ihr“.

Zunächst nach einer Abschrift im Spohr Museum ediert. Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (18.08.2017). Nach dem Autograf korrekturgelesen: Karl Traugott Goldbach (03.09.2018).