Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Rudolstadt den 24sten
August 1849.

Hochverehrter Freund!

Daß wir im vorigen Jahre auch unsere Revolution gehabt haben, wird Ihnen bekannt sein, leider hat aber solche auf die Capelle einen sehr nachtheiligen Einfluß ausgeübt, denn seit dem 1sten Juli d.J. wo der Fürst auf eine sehr mäßige Zivilliste gesetzt worden ist, hat dieses Kunstinstitut aufgehört ein Fürstliches zu sein und ist auf eine Finanzperiode dem Staate überwiesen worden. Wir stehen daher lediglich unter dem Ministerium und dieses scheint von einer solchen Kunstanstalt und vorzüglich von der Stellung und Rechten eines Capellmeisters nicht die gehörigen Kenntnisse zu haben.
Es soll daher, wie ich gehört, ein Mitglied des Landtages beauftragt werden eine nähere Instruktion, so wohl für den Capellmeister, als auch der ganze Capelle, zu entwerfen.1 -
Ich wünschte daher, bevor dies zur Ausführung käme, gern Näheres so bald wie möglich über Ihre dortige Stellung und Funktionen als Capellmeister von Ihnen zu erfahren, oder in dem Fall Sie vielleicht eine förmliche Instruktion haben sollten so gütige zu sein und mir eine Abschrift davon gefälligst zu kommen lassen zu wollen, um mich nöthigenfalls auf eine Autorität stüzen zu können.
Leider interessirt sich fast Niemand mehr für die Capelle, und der einzige Mann welcher noch regen Eifer und Liebe für Musik zeigte, unser Freund, der Oberjägermeister von Holleben, ist vor einiger Zeit mit Tode abgegangen und so stehen wir so zu sagen wie verwaist da.
Sein Sie überzeugt, daß ich nicht allein sondern die ganze Capelle es Ihnen auf das herzlichste danken wird.
Mit wahrer Verehrung

Ihr
ergebenster
FMüller.

Autor(en): Müller, Friedrich
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Friedrich Günther Schwarzburg-Rudolstadt, Fürst
Holleben, Anton von
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte: Rudolstadt
Erwähnte Institutionen: Hofkapelle <Rudolstadt>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1849082443

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Müller an Spohr, 10.01.1846. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Müller an Spohr, 17.09.1849.

[1] Zur Reorganisation der Hofkapelle vgl. Ute Omonsky, „Die Rudolstädter Hofkapelle in der Zeit des bürgerlichen Musiklebens vom nde des 18. Jahrhunderts bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts“, in: Musik am Rudolstädter Hof. Die Entwicklung der Hofkapelle vom 17. Jahrhundert bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, hrsg. v. Ute Omonsky (= Beiträge zur schwarzburgischen Kunst- und Kulturgeschichte 6), Rudolstadt 1997, S. 209-271, hier S. 229 und 232f.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (06.07.2020).