Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

München d 27 July
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Hochverehrter Herr Kapellmeister!

Ich erlaube mir, Ihnen meinen aufrichtigsten Dank hiemit auszusprechen für Ihre gütige und wohlwollende Empfehlung meines Sohnes Moritz in Dresden.1 Wie mir Moritz gestern schreibt, so hat er die besten Aussichten, falls Barbieri, der auf drey Monate zu Probe die Direktion übernommen, nicht genügte2; es müßte denn seyn daß man in Dresden beabsichtigte wieder in die alte italienische Salbadung zu kommen.
Gestern hat Fr. Molendo in einer verunglückten Vorstellung der Norma als Adalgisa debütirt und ziemlich gefallen.3 Fr. Liebhardt hat4 die Königin der Nacht5 mit Beifall gesungen.
Wie ich jetzt die beyden Sängerinnen kenne möchte ich mit Gewißheit behaupten, daß die Eisenhofer eine gute Stellung auf Ihrer Bühne neben diese beyden einnehmen müßte6, denn ihr ausgesprochenes dramatisches Talent wird bald die Anfängerin vergessen machen. Sie ist fest musikalisch, eine ziemlich gute Clavierspielerin, ihre Stimme wenn auch nicht übermäßig stark, doch hinlänglich ausreichend von bedeutendem Umfange und Flexibilität. Wenn Sie nicht mit Sängerinnen bereits versehen sind, würde ich zu einem Versuche rathen. Lachner von Mannheim hat sie hier gehört u. ihr gleich einen 3 jährigen Contract angeboten, wozu sie aber keine Lust hat ihr Vater eben so wenig.
Indem ich Ihnen verehrtester Herr Kapellmeister für Ihrige Güte die Sie gegen Moritz so vielfach bewiesen haben, nochmals herzlich danke, habe ich die Ehre zu zeichnen in alter Verehrung Ihr ergebenster

FranzHauser.



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Hauser an Spohr, 19.03.1845. Der nächste erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist Hauser an Spohr, 23.06.1856.

[1] Vgl. Moritz Hauser an Spohr, 02.07.1849; die erwähnte Empfehlung an das Hoftheater in Dresden ist derzeit verschollen.

[2] Vgl. „[Herr de Barbieri]“, in: Signale für die musikalische Welt 7 (1849), S. 254; „[In Dresden]“, in: ebd., S. 261; „[Die dirigirenden Leistungen]“, in: ebd., S. 286; „Signale aus Dresden“, in: ebd., S. 299.

[3] Vgl. Thrmr, „Donnerstag den 26. Juli 1849: Norma, Oper von Bellini“, in: Münchner Tagblatt 47 (1849), S. 988.

[4] Hier gestrichen: „als“.

[5] Zur Darstellung von Luise Liebhardt in Die Zauberflöte von Wolfgang Amadeus Mozart vgl. „Feuilleton der Kunst (Kgl. Hof- und Nationaltheater, Monat Juli)“, in: Münchener Conversationsblatt 9 (1849), S. 240.

[6] Vgl. Karoline Eisenhofer an Spohr, 02.07.1849.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (05.12.2022).