Anton Weinhäusel an Louis Spohr in Kassel

Carlsbad am 27. Juni 1849

Gestern bei Durchsicht der Curliste hatte ich unter den angekommenen Curgästen mit freudiger Überraschung auch die Ankunft Euer Hochedelgeboren entnommen und heute wurde mir das Glück zu Theil, den Mann persönlich zu sehen, dessen herrliche musikalische Schöpfungen weltberühmt geworden und deren Anhörung jeden musikalische Gebildeten mit Hochgenuß erfüllen. –
Unter allen, welche die Gediegenheit und den künstlerischen Werth Dero Schöpfungen so sehr zu würdigen wissen, wird es keinen geben, der von fieferer Verehrung gegen Euer Hochedelgeboren beseelt sein kann als ich, der ich Dero Kunst-Werken den Genuß so mancher angenehmen Stunden meines Lebens verdanke und wie ich zu Gott hoffe noch ferner verdanken werde. Geruhen daher Euer Hochedelgeboren den Ausdruck meiner unbegränzten Verehrung entgegen zu nehmen und mir in gütiger Berücksichtigung derselben eine ergebene Bitte nicht zu versagen, die darin besteht mich zur Erinnerung an das Zusammentreffen in Carlsbad mit Dero eigenhändiger Nahmens-Unterschrift zu beglücken. Es würden diese Züge für mich ein Kleinod seyn welches mir zur Ehre gereichte, in dessen Besitze auch für mich zugleich der Beweis Dero Gewogenheit käge und mir meinen Aufenthalt in Carlsbad unvergeßlich machen würde.
Bescheidenheit und Hochachtung hielten mich zurück Euer Hochedelgeboren meine Verehrung persönlich mündlich darzubringen, daher ich mir erlaube zu diesem Behufe den brieflichen Weg zu benützen und Dero allbekannte menschenfreundliche Güte läßt mich eine geneigte Aufnahme meiner ausgesprochenen Verehrung, wie eine gütige Gewährung meiner Bitte hoffen.
Mit dem herrlichen Wunsche daß der hierortige Aufenthalt für die Gesundheit Euer Hochedelgeboren segensreiche Früchte trage habe ich die Ehre zu sein

Hochdero
ergebenster Diener
Anton Weinhäusel
Beamter der Ersten österreichischen
Spar-Casse in Wien, wohnhaft
in der Kichengasse zu den drei
Narzissen N^o 242 in Carlsbad.