Autograf: nicht ermittelt
Entwurf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. Mus.ep. Spohr-Correspondenz 2,254

Von den, mir zur Beurtheilung zugesandten, 4 Pianoforte-Quartetten erhebt sich keins, in Bezug auf Erfindung, über das Gewöhnliche.
No 2 zeigt einen guten Harmoniker, der sich aber in der Modulation ganz1 über das Herkömmliche und in der Natur Begründete2 hinweggesetzt hat, wodurch drei Sätze seines Quartetts ganz formlos geworden sind.
Von No 3 ist das Adagio der beste Satz. In diesem sind auch die drei Streichinstrumente gut und ihrer Natur gemäß behandelt, was von den übrigen Sätzen weniger zu wähnen ist. Der letzte Satz ist aber mehr im Symphonie-3 als im Quartett-Styl geschrieben, was bey Kammermusik unpassend und daher fehlerhaft ist.
No 4 ist gut in der Form und es läßt sich überhaupt nichts wesentliches an der Faktur aussetzen, außer etwas daß der letzte Satz auch im Symphonie-Styl geschrieben ist. Aber die Erfindung ist uninteressant und da helfen die übrigen guten Eigenschaften wenig.
No 1 ist nun zwar von den vorliegenden vier Quartetten4 in Erfindung, Form und Creutzung der Instrumente unstreitig das beste; ob es deshalb aber den Preis verdient, ist noch eine andere Frage die ich unentschieden lassen muß! Denn preiswürdig ist doch5 nur die Arbeit, an der sich nichts wesentliches mehr aussetzen läßt; und das ist bey diesem Quartett nicht der Fall, denn es ist incorrekt in der Harmonie. Der Unterzeichnete hat einige der gröbsten Verstöße gegen Reinheit der Harmonie, namentlich die Octaven Pag. 54 mit Rothstift corrigirt. Sollte das Quartett aber6 zur Veröffentlichung bestimmt werden, so muß noch vorher eine sehr sorgfältige Revision der Harmonie stattfinden. Besonders müssen alle die Stellen, die mit den corrigirten correspondiren in ähnlicher Weise abgeändert werden.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Vermeulen, Adrianus Catharinus Gerardus
Erwähnte Personen:
Erwähnte Kompositionen:
Erwähnte Orte:
Erwähnte Institutionen: Maatschappij tot Bevordering der Toonkunst <Rotterdam>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=184812014

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Vermeulen an Spohr, 29.11.1848 und derzeit nur als Entwurf auf dem Vorbrief erhalten. Einen Postweg von wenigstens zwei Tagen vorausgesetzt, entstand dieser Brief frühestens am 01.12.1848; da Spohr vor seiner Antwort zunächst die zugesandten Kompositionen durchsehen musste, dürfte dieser Brief auf Dezember oder Januar zu datieren sein.
Der nächste erschlossene Brief dieser Korrespondenz ist Spohr an Vermeulen, 30.04.1849.

[1] Hier gestrichen: „von dem“.

[2] Hier gestrichen: „entfernt“.

[3] Hier gestrichen: „Styl“.

[4] Hier gestrichen: „und zwar“.

[5] Hier gestrichen: „eine“.

[6] Hier gestrichen: „zum Stich bestimmt“.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (13.04.2018).