Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. Hass. 287

Sehr geehrter Herr und Maestro!

Zum erstenmale unter Ihrer Leitung mußte es mir, und gerade in einem Ihrer Meister-Werke widerfahren, daß ich einen Pudel machte, den ich mir nicht verzeihen kann, wenn auch Ihre Güte denselben nachsehen dürfte; er soll mir nicht ferner widerfahren, wenn die Oper repitirt werden sollte während der Dauer meiner Wirksamkeit bis Ende October.
Nach Consultation mehrer Aerzte, gaben diese und namentlich Bunsen1 und Schnackenberg mit der Meinung den Ausschlag, daß ich zum Heilung eines partiellen Rheumatismus, Nenndorf auf 4 Wochen besuchen muß; nach langem Quacksalbern und Kuriren sind endlich die Herren hinter mein Uebel, was ich dem Klima Rußlands verdanke gekommen, und garantiren mir vollständige Genesung, da 4 Schwefelbäder schon außerordentlich Wirkung verspüren ließen.
Ich bitte Sie – da ich zu dieser Badereise für mich – für die Meinigen aber während dieser Zeit für Lebensunterhalt zu sorgen habe, die mir geliehenen 7 Rth. den 16 August in Empfang nehmen zu wollen, zu welchem Zwecke die Ausreichung bey liegt.
Zu hohem Danke würden Sie mich verpflichten, wenn Sie die Güte haben wollten, mir auf den Gehalt vom 1 July 10 Rth. vorstrecken zu wollen, die ich bei den bisheringen starken Abzügen, die mit dem 15 Juny zu Ende gehen, in die Wirtschaftscasse für die Familie sehr nöthig brauche; ich darf wohl nicht erst bemerken, (ich mag Sie nicht kränken) daß ich diese beiden Posten als eine Ehrenschuld ansehe, auch Ihr gütig gewährtes Vertrauen mir auch nie nimmermehr mißbrauchen werde, und lege ich die Anweisung für letzten Posten den Zipf2 so wie auch den ersten erheben kann in Ihrem Namen – bey.
Sollte es denn nicht möglich sein den Wünschen (und zwar sehr zahlreichen) des Publicums zu genügen, und auch den Faust zur Scene zu bringen? Indem ich Ihnen dies mittheile mögen Sie entscheiden ob dem Begehre des Publicums nicht, auf billige Weise zu entsprechen wäre! Im Falle die Favoritin vor den Ferien nicht zur Aufführung kommt, bitte ich um die Erlaubniß die Partituren gegen einen Empfangsschein mitnehmen zu dürfen, damit ich daran studiren und in den ersten Tagen nach den Ferien darin auftreten kann.
Geben Sie die Güte mich mit freundlich gewährender Antwort zu versehen, und glauben der Versicherung daß ich auch in später Ferne nach meinem projectirten Abgange Ihrer gedenken muß

mit Hochachtung und Ehrerbietung
als Ihr ergebener
Carl Francke.

Cassel d. 2 Juny 1848

Autor(en): Francke, Carl
Adressat(en): Spohr, Louis
Erwähnte Personen: Bunsen, Robert
Schnackenberg, Julius Georg
Zipf, Christoph
Erwähnte Kompositionen: Spohr, Louis : Faust
Erwähnte Orte: Kassel
Nenndorf
Erwähnte Institutionen: Hoftheater <Kassel>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1848060243

Spohr



Der letzte erhaltene Brief dieser Korrespondenz ist vermutlich der in dieser Edition auf Anfang Mai datierte Brief von Francke an Spohr.

[1] Robert Bunsen war Theaterarzt in Kassel (Kurfürstlich Hessisches Hof- und Staats-Handbuch (1847), S. 53).

[2] Wohl der Theaterdiener Christoph Zipf.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (17.12.2021).