Autograf: Östersunds biblioteket (S-ÖS), Zetterströmska biblioteket, Kollektion
Marie Heil-Håkansson, Sign. Ms Sf f61m, no. 38
Druck 1: Sakolowski, „Zwei unbekannte Briefe Spohrs“, in: Münchner Neueste Nachrichten 12.06.1899, S. [1]f., hier S. [2]
Druck 2: „Zwei unbekannte Briefe Spohrs“, in: Casseler Allgemeine Zeitung (1899), Nr. 163, Bl. II
Druck 3: „Neues zur Spohr-Literatur“, in: Casseler Tageblatt und Anzeiger (1899), Nr. 165, Bl. II
Druck 4: „[Durch die Neuaufführung seiner ,Kreuzfahrer’]“, in: Berliner Börsen-Zeitung 14.06.1899, S. [9]
Druck 5: Gösta Rollin, „En musikalisk autografsamling“, in: Jämtlands bibliotheks årsskrift (1938), S. 23-43, hier S. 32 (teilweise)
Inhaltsangabe: Autographen. Fürsten, Feldherren, Staatsmänner, Politiker, Dichter, Schriftsteller, Gelehrte, Musiker, Maler etc. (= Katalog Altmann 44), München 1917, S. 16

Sr. Wohlgeb.
Herrn Musikdirector
Ferd. Böhme
Op dem Spinweg bey Mfr.
den Hartog
Dordrecht.

frei.


Cassel den 18ten Febr.
1847.

Lieber Herr Böhme,

Sie haben mich durch Ihre freundliche Zuschrift ganz beschämt, denn noch bin ich Ihnen Antwort auf frühere schuldig! Doch, da Sie wissen, wie sehr ich mit Geschäften überhäuft bin und wie wenig Zeit ich für meine eigenen Arbeiten erübrigen kann und mich daher nur auf die nöthigste Geschäftscorrespondenz beschränken muß; so hoffe ich, daß Sie meine Saumseligkeit gütigst entschuldigen werden. Für Ihre freundliche Theilnahme an meinem Feste1 sage ich Ihnen den herzlichsten Dank. Wie würde auch meine Freunde daran gesteigert worden seyn, hätten meine Eltern2 es noch erleben können!
Daß Sie mit Ihrer Lage nicht unzufrieden sind und sich dort für die Cultur der Musik so nützlich machen können, freut mich herzlich. Mit Schwierigkeiten hat man dabey stets zu kämpfen; Sie dürfen sich allso durch diese nicht abschrecken und ermüden lassen, daß Sie bey aller der vielen Arbeit noch fleißig komponiren und Ihre Arbeiten Verbreitung und Anerkennung finden, freut mich noch besonders. Ist der pecuniäre Gewinn auch nicht groß, so gewähren solche Arbeiten doch so viel Genuß im Schaffen, daß man sich darüber leicht trösten kann.
Auch mir gewährt das Komponiren noch immer die genußreichsten Stunden und ich habe daher in neuester Zeit wieder allerley Neues geschrieben.
Erschienen sind bey Schubert in Hamburg 15tes Violinconcert und Quintett für Pianoforte und Saiteninstrumente. Bey Breitkopf & Härtel werden Ostern folgende Sachen erscheinen: 6tes3 Quintett für 2 Violinen, 2 Viola‘s und Violoncell. 30stes Violinquartett und eine Concertante für 2 Violinen, Viola und Violoncell mit Orchester. Im Manuscript vorräthig ist noch: 4tes Trio für Pianoforte, Violine und Violoncell und ein Psalm über englischen Text von Milton für Solostimmen4 Chor und großes Orchester. Jetzt schreibe ich ein 2tes Heft kleiner aber brillanter Salonstücke für Violine und Pianoforte und für die nächste Zeit habe ich dann Lust mich noch in einem 4ten Doppelquartett zu versuchen.
In der nächsten Ferienzeit gedenke ich in Begleitung meiner Frau5 London noch einmal zu besuchen. Ich bin eingeladen worden an 3 Abenden meine sämtlichen Oratorien in Exeter Hall6 zu dirigiren.7 Es werden großartige Aufführungen werden.
Leben Sie wohl und erfreuen Sie mich auch in der Folge dann und wann mit Nachrichten von sich. Mit wahrer Hochachtung stets

Ihr
ergebener
Louis Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Böhme an Spohr, 10.02.1847. Böhme beantwortete diesen Brief am 02.04.1847.
Angaben laut „Inhaltsangabe“: „L. a. s. an den Musikdirektor Böhme, Dordrecht. Cassel 18. Febr. 1842. 3 pp. 4. Mit Adr. / Hübscher Brief mit Mittheilungen über seine neuesten Compositionen. - Etwas eingerissen.“ Da Böhme 1842 noch nicht in Dordrecht war, ist dort offensichtlich falsch datiert und dieser Katalogeintrag daher diesem Brief zugeordnet.

[1] Zu den Festlichkeiten zu Spohrs 25-jährigem Kasseler Amtsjubiläum vgl. [Friedrich Oetker], Spohr’s Jubel-Fest im Januar 1847, Kassel 1847.

[2] Ernestine und Carl Heinrich Spohr.

[3] „6tes“ über der Zeile eingefügt.

[4] Hier gestrichen: „und“.

[5] Marianne Spohr.

[6] Spielstätte der Sacred Harmonic Society.

[7] Edward Taylor an Spohr, 11.12.1846 zeigt hingegen, dass zu diesem Zeitpunkt bereits nur an die Aufführung von zwei Oratorien gedacht war, wobei eines wiederholt werden sollte (vgl. Karl Traugott Goldbach, „,daß die dabei gehaltene Predigt großentheils gegen sein Oratorium gerichtet war' – Zur Rezeption von Des Heilands letzte Stunden in Großbritannien”, in: Die Oratorien Louis Spohrs. Kontext – Text – Musik, hrsg. v. Dominik Höink, Göttingen 2015, S. 307-339, hier S. 328ff.).

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (29.05.2020).