Autograf: Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung mit Mendelssohnarchiv (D-B), Sign. Mus.ep. Spohr-Correspondenz 2,190
Druck: [Ernst Rychnovsky], Beschreibendes Verzeichnis der Autographen-Sammlung Fritz Donebauer in Prag, 2. Aufl., Prag 1900, S. 251 (teilweise)
Beleg 1: Autographen-Sammlung enthaltend Musiker-Briefe und Musik-Manuskripte aus dem Nachlasse des berühmten Komponisten Louis Spohr (1784-1859) nebst Beiträgen aller Art (Fürsten,Staatsmänner, Dichter, Gelehrte, Künstler, etc.) aus dem Besitz eines bekannten Berliner Sammlers. Versteigerung zu Berlin Montag, den 15. und Dienstag, den 16. Oktober 1894 (= Katalog Liepmannssohn), Berlin 1894, S. 64
Beleg 2: Sammlung Fritz Donebauer, Prag. Briefe, Musik-Manuscripte, Portraits zur Geschichte der Musik und des Theaters. Versteigerung vom 6. bis 8. April 1908 (= Katalog Stargardt), Berlin 1908, S. 97
Beleg 3: Georg Kinsky, Versteigerung von Musiker-Autographen aus dem Nachlaß des Herrn Kommerzienrates Wilhelm Heyer in Köln im Geschäftslokal der Firma Karl Ernst Henrici. Montag, den 6 und Dienstag, den 7. Dezember, Bd. 1, Berlin 1926, S. 100

Hochverehrter Freund!
 
Es macht mir große Freude daß Sie das Werk an welchem Sie in Quedlinburg vor 26 Jahren so viel Theil nahmen1 u. durch dies nicht wenig zum Weiterverbreiten des Werks beitrugen, nun auch in Kassel auf würdigste Weise zur Aufführung bringen; es ist mir deshalb sehr angenehm daß ich über die Stimmen disponiren kann. Ich sende Ihnen hiermit Partitur u. Instrumentalstimmen. Texte muß auch S. König. Hoheit der Prinzregent beitzen indem er höchstselbst, damals in Leipzig lebend, darauf subscribirt. Ich hielt es für angemessen ein Exemplar auf Velinpapier und prachtvoll eingebunden nach Kassel zu senden, habe aber weder den Empfang ersehen noch – irgendwas dafür erhalten. Der Prinz hatte damals Unterricht im Klavierspiel bei mir. – Dies vorbeigehend.
Zu den verlangten Chorstimmen lege ich noch die Solostimmen. – Noch muß ich folgendes bemerken: Im 2ten Theil in dem Chor aus Fmoll sind in der Partitur 4 Trompeten bemerkt – weil ich bei einigen Aufführungen damit Noth hatte so habe ich die Stellen so arrangirt daß sie mit 2 Trompeten u. 2 Posaunen ausgeführt werden – es werden dann die Einlageblätter benutzt.
Die Contrafagottstimme hat mehr als die Partitur angiebt – bei großen Aufführungen fand ich diese Verstärkung angemessen.
Da ich das Einpacken nicht recht verstehe so lasse ich dergleichen immer von meiner Buchhandlung besorgen welche dann dafür Postvorschuß nimmt, ich bitte Sie sich es gestellen zu lassen.
Ihr neuestes Violinconcert ist als No 15 bezeichnet – da ich von No 10 an nicht recht im Klaren bin wie die folgenden nummerirt sind, so bitte ich Sie mir die Nummern zwischen 10 – 15 anzugeben. Auch erlauben Sie mir die Frage ob neustens dem Doppelconcert op. 48 was als 1tes bezeichnet noch ein 2tes gefolgt ist. – Die lezte Opuszahl Ihrer Quartetten welche wir bis dahin alle haben ist Op. 84 – u. bis dahin ist die Zahl sämmtlicher Quartetten 29. – Sind ausser diesen noch mehr vorhanden? – Quintetten besitzen wir 3, sodann 2 Doppelquartette 1 Oktett, 1 Nonett. Insofern von dieser Gattung noch mehr im Druck vorhanden bitte ich herzlich mir es zu bemerken.
Ihr herrlicher Faust ist zur Freude aller wahren Musikverständigen u. Freunde solider Musik nach unsern Verhältnissen auf beste Weise gegeben worden. Beide Vorstellungen die bis jezt gegeben, gingen correct – nur der Faust (freilich die Hauptsache) konnte nicht genügen – vorzüglich was [???] Textirung(???) u. Darstellung betraf. Alles übrige war gut. – Aber leider haben Auber, Bellini, Donizetti etc den Geschmack der Masse verdorben. – Dies werden Sie wohl auch in größeren Städten gefunden haben u. soweit darf es Sie nicht wundern daß bis jetzt Ihr herrliches Werk, bei so kleinem Publikum wie Dessau überhaupt nur haben kann nur 2 mal gegeben ist.
Auch Ihnen wünsche ich zum Antritt des neuen Jahres des Himmels reichsten Segen u. fortwährendes Glück.
Mit inniger Verehrung u. Freundschaft
 
Ihr
treuergebener
Friedrich Schneider
 
Dessau 7/1 47.



Dieser Brief ist die Antwort auf Spohr an Schneider, 04.01.1847. Spohr beantwortete diesen Brief am 14.01.1847.
 
[1] Spohr hatte Schneiders Oratorium Das Weltgericht im Oktober 1820 beim Musikfest in Quedlinburg dirigiert (vgl. Schneider an Spohr, 05.03.1844).
 
Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Wolfram Boder (07.05.2018).