Autograf: Universitätsbibliothek Kassel - Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (D-Kl), Sign. 4° Ms. hist. litt. 15[195,29

Professor Edw. Taylor
Gresham College
London.

franco.


Cassel den 26sten
Nov. 1846.

Mein theurer Freund,

Seit Ankunft lhres lieben Briefs vom 10ten dieses Monaths ist das Thema unserer Gespräche stets das der Reisepläne für nächsten Sommer gewesen und die Lust, England noch eimal zu besuchen, war allerdings überwiegend. Bevor ich jedoch der Sacred Harmonie Society meine definitive Zusage mache, wünschte ich noch einiges zu wissen: 1) was eigentlich aufgeführt werden soll und in wie vielen Abenden? 2.) was die Gesellschaft mir für Bedingungen stellen kann und ob diese wohl der Art sind, daß die Kosten der Reise und des dortigen Aufenthalts einigermaßen gedeckt werden? und 3.) ob ein Aufenthalt von 3 Wochen, in den ersten Tagen des Juli beginnend, für die Proben und Aufführungen, welche die Gesellschaft beabsichtigt, wohl ausreichend seyn werden? Haben Sie die Güte, mir von der Gesellschaft hierüber Auskunft zu verschaffen und ich werde dann mit umgehender Post meinen Entschluß melden.
Die neue Komposition, von der ich lhnen schrieb, ist der 84ste Psalm nach Milton: „How lovely are“ und besteht aus einem Chor mit Sopransolo, einem 2ten Chor, einem Quartett für Solostimmen und dem Schlußchor mit Fuge. Meine Frau hat deutschen Text unterlegt und wir haben den Psalm bereits im Cäcilien-Verein gesungen. Ich bin jezt beschäftigt die Orchesterpartitur zu machen und wir können ihn, als Zugabe zu einem der Oratorien, in London dann auch aufführen. Ich bin begierig von Ihnen zu hören, ob Sie die Behandlung des englischen Textes gutheißen werden. Es wird mir sehr schwer, etwas in Musik zu setzen, was ich nicht verstehe und ohne Hülfe meiner Frau wäre es mir ganz unmöglich.
Die Nachrichten, die Sie uns von den lieben Ihrigen geben, haben uns erfreuet und betrübt. Wie gern würden wir Sie besuchen, wäre die Entfernung von London nur nicht so weit und ein so großer Zeitaufwand damit verbunden! Wir bitten an alle um die herzlichsten Grüße.
Sollten Sie den jungen Horsley sehen, so bitte ich ihm zu sagen, daß ich sowohl seinen Psalm wie das neue Violinquartett erhalten habe und ihm über beydes schreiben1 werde, sobald ich es wiederholt gehört habe.
Mit inniger Freundschaft stets ganz

der Ihrige
Louis Sp[oh]r.

Autor(en): Spohr, Louis
Adressat(en): Taylor, Edward
Erwähnte Personen: Horsley, Charles Edward
Spohr, Marianne
Erwähnte Kompositionen: Horsley, Charles : Psalm
Horsley, Charles Edward : Quartette, Vl 1 2 Va Vc
Spohr, Louis : Psalm 84, WoO 72
Erwähnte Orte: Kassel
London
Erwähnte Institutionen: Cäcilienverein <Kassel>
Sacred Harmonic Society <London>
Zitierlink: www.spohr-briefe.de/briefe-einzelansicht?m=1846112604

Spohr



Dieser Brief ist die Antwort auf Taylor an Spohr, 10.11.1846. Taylor beantwortete diesen Brief am 11.12.1846.

[1] Dieser Brief ist derzeit verschollen.

Kommentar und Verschlagwortung, soweit in den Anmerkungen nicht anders angegeben: Karl Traugott Goldbach (06.02.2019).